Tiefe Blicke in die Seele des Künstlers

Per Olov Enquist stellt in seinem Stück "Die Bildermacher", das im Wiener Theater in der Drachengasse zur österreichischen Erstaufführung kam, die Frage nach dem Kern künstlerischen Schaffens. Seine Figuren basieren auf historischen Persönlichkeiten, genauer: auf einer Begegnung zwischen Selma Lagerlöf und dem Regisseur Victor Sjöström anläßlich der Verfilmung von "Fuhrmann des Todes" (1920).

Ob die Schauspielerin Tora Teje, die in mehreren Filmen von Sjöström spielte und der Kameramann Julius Jaenzon die berühmte Autorin kannten, ist nicht nachgewiesen. Enquist geht es nicht um historische Genauigkeit. Er bringt die vier Menschen zusammen und baut um sie eine fiktive Geschichte, um einen Blick in die Seele des Künstlers zu werfen. Im kleinen Kellerraum in der Drachengasse assoziiert Bühnenbildner Thomas Olah stimmig den Aufbruchsgeist der Stummfilmära.

Die Situation ist gespannt. Victor (Christoph Moosbrugger) und Julius (Peter Streimelweger) haben den Film fertiggestellt und wollen ihn Selma zeigen. Tora, Victors Freundin, mokiert sich über die feuchten Träume von Julius und nervt die beiden. Katharina Stemberger spielt hinreißend, ungestüm und naiv zugleich, stets bereit sich zu verteidigen, wo Verletzungen drohen können.

Victor, dem ihre Impulsivität peinlich ist kann ihre Begegnung mit Selma nicht vermeiden. Zwischen den beiden Frauen, der von Bigi Fischer einfühlsam verkörperten großen Dame der Literatur und der jungen Schauspielerin aus den Slums entwickelt sich eine Beziehung, bei der die beiden einander in die tiefsten Abgründe ihrer Seele blicken. Hans-Peter Kellners spannende Inszenierung bietet fast einen Psychothriller, doch einen, der die am Anfang gestellte Frage, niemals aus den Augen läßt.

Bis 12. Februar.

Theater Drachengasse, 1010 Wien, Fleischmarkt 22, Tel. (01) 5131444.