Trugdruck und Wahrheit

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Die Universität für angewandte Kunst zeigt Druckgrafik von Marcel Duchamp.

Auch wenn seine die Treppe herabsteigenden Akte bereits einiges an Aufsehen erregten, wirklich berühmt wurde Marcel Duchamp durch seine provokanten Objekte. Seitdem er industriell vorgefertigte Alltagsgegenstände, wie etwa einen Flaschentrockner, ein Fahrrad oder - schon etwas deftiger - ein Urinoir, signierte und als Kunstwerke ins Museum stellte, verbindet alle Welt den Namen Duchamp mit den speziellen Kunstobjekten der "ready mades". Und obwohl sich Duchamp nach einer ersten Phase der Kunstproduktion in der Öffentlichkeit lieber als Schachspieler - und als gar nicht so schlechter - zeigte, entstand auch in dieser Zeit eine aufsehenerregende künstlerische Arbeit.

Begleitete bereits die Arbeit am Objekt eine Unzahl von grafischen Blättern mit Notizen und Transformationen seiner dreidimensionalen "Erfindungen", so gibt es daneben auch eine eigenständige druckgrafische Produktion. Und Duchamp erweist sich auch in dieser Technik als ein großer Meister des 20. Jahrhunderts, wie eine Schau im Heiligenkreuzer Hof der Universität für Angewandte Kunst beweist.

Wie bei den meisten Arbeiten Duchamps steht die Frage nach der Beziehung zwischen dem Zeichen und dem, was es bezeichnet, im Mittelpunkt. Wie passt ein Titel zu dem tatsächlich abgebildeten Sujet? Gibt ein Bild eines natürlichen Gegenstandes diesen tatsächlich wieder?

Viele der grafischen Arbeiten von Duchamp bringen Sprache und Schrift direkt ins Bild, verballhornen, verunsichern, formulieren skurrile Aufforderungen, zelebrieren insgesamt das Kunst-Spiel genauso wie Duchamp auch das Schachspiel zelebriert hat. Er legt sich den Künstlernamen Rrose Selavy zu, den man laut lesen muss, um zur Lösung des Rätsels zu kommen: Eros, c'est la vie - Der Eros, das ist das Leben. Ein Plakat zu einer Ausstellung in Pasadena ziert er mit dem Titel "Wanted", setzt darunter zwei Porträtfotos von sich wie aus einer Verbrecherdatei und verspricht obendrein 2.000 Dollar Belohnung. Und nicht erst seit damals suchen ihn alle - und jedes Mal versteckt er sich hinter einer neuen Aufgabe an die Betrachter.

Versteckspiele

Auch im grafischen Werk gibt es bei Duchamp eine wiederkehrende Auseinandersetzung mit dem eigenen Werk. Im Jahr 1919 versieht er die Reproduktion der Mona Lisa von Leonardo mit einem Bart und betitelt das nun neue Werk mit "L.H.O.O.Q.". 1941 verwendet er dann die beiden Bärtchen für eine Publikation über ihn, und nachdem die Mona Lisa nun wieder bartlos ist, folgt logischerweise eine neuerliche Reproduktion von Leonardos Meisterwerk, diesmal mit dem Titel: "L.H.O.O.Q. rasiert".

Daneben nehmen Duchamps Arbeiten viele spätere Entwicklungen vorweg, man sieht rotierende Scheiben und es fällt einem etwa Alfons Schilling ein, man sieht "flatternde Herzen" und denkt unweigerlich an Robert Indianas "Love". Man sieht Transparentfolien, ausgeschnittene und Durchblick gewährende Deckblätter und sieht die unübliche Verquickung unterschiedlicher Materialien. Und schließlich lädt Duchamp noch alle Besucher mit einem besonderen Wortspiel ein: "guest + host = ghost".

Marcel Duchamp - Druckgraphik

Universität für angewandte Kunst

Ausstellungszentrum Heiligenkreuzer Hof, Refektorium, Schönlaterngasse 5,

Stiege 8, 1010 Wien

Di-Fr 10-18, So 10-17 Uhr

Katalog:

Marcel Duchamp - Druckgraphik

herausgegeben von Martin Zeiller

Wien 2003, 139 Seiten

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