Versuch einer Ausradierung

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In "Der verlorene Sohn" ("Boy Erased") legt Hollywoods Jungstar Lucas Hedges eine weitere Probe seines Könnens ab -diesmal als schwuler Sohn eines Baptistenpredigers in den USA.

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In "Der verlorene Sohn" ("Boy Erased") legt Hollywoods Jungstar Lucas Hedges eine weitere Probe seines Könnens ab -diesmal als schwuler Sohn eines Baptistenpredigers in den USA.

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Der lakonische Satz zu Beginn des Nachspanns lässt die ganze Untauglichkeit, auf der Joel Edgertons zweiter Spielfilm "Der verlorene Sohn" beruht, kulminieren: In 30 US-Bundesstaaten ist es nach wie vor legal, Minderjährige einer so genannten Konversionstherapie zu unterziehen. Hinter dieser "Therapie" verbirgt sich der Versuch, homosexuellen Menschen die gleichgeschlechtliche Orientierung auszutreiben und sie zu einem "gottgefälligen" heterosexuellen Empfinden und Leben zu führen. Hinter derartigem Ansinnen stehen nicht wissenschaftliche oder psychologische Erkenntnisse, sondern religiöse Motive, die aus den biblischen Aussagen über Homosexualität schließen, es handle sich um eine sündhafte Neigung, die um des Heils der Menschen zu bekämpfen ist.

Während sich in Europa auch in der katholischen Kirche eine differenzierte Sicht der Homosexualität langsam durchzusetzen beginnt, feiert die wörtliche Bibelauslegung auch zu diesen Fragen in den evangelikalen Milieus der USA nach wie vor fröhliche Urständ. Dass eine Konversionstherapie mit Gehirnwäsche und Persönlichkeitsbrechung einhergeht, wird der Methode seit Langem vorgeworfen -aber die Glaubensbotschaft sticht hier immer noch alle andere Ratio aus.

Die Autobiografie von Garrard Conley, deren Titel "Boy Erased" ("Bursch ausradiert") auch den englischen Filmtitel bildet (einmal mehr viel besser als der deutsche), setzte Joel Edgerton unspektakulär, aber authentisch in Film um. Man muss dem Schauspieler und Regisseur Edgerton, in "Boys Erased" spielt er den Konversionstherapeuten Victor Sykes, zugute halten, dass er nicht der Versuchung erlag, aus der vorliegenden Lebensgeschichte eine Generalabrechnung mit dem menschenfeindlichen Fundamentalismus zu machen.

Keine filmische Holzhammermethode

Ganz im Gegenteil erscheinen auch die evangelikalen Starrköpfe nicht als böse Dämonen wider arme Homosexuelle, sondern auch im Wahnsinn einer Konversionstherapie dargestellt, gibt es Nuancen und Schattierungen bei den getriebenen Überzeugungstätern, die nicht per se den Auswüchsen des Lebens unzugänglich sind.

Jared, so heißt der Protagonist im Film, wächst wohlbehütet in einer Kleinstadt in Arkansas auf, der Vater ist ein rechtschaf-

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