"victims 9/11" von Ramesch Daha

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Für die 1971 in Teheran geborene und seit 1978 in Wien lebende Malerin Ramasch Daha war von Anfang an klar, dass die Opfer des 11. September sie nicht mehr loslassen würden - nicht nur, weil eine Cousine ihres Mannes unter ihnen war. Nach vielen Recherchen hat sie 2002 den Zyklus "victims 9/11" begonnen und bisher 650 Porträts gemalt - sechs davon illustrieren diesen Fokus. Vorlagen für diese Bilder sind Fotos, die CNN ins Netz gestellt hat. Ramesch Daha wird täglich weiterarbeiten, bis sie alle 3066 registrierten Toten porträtiert hat - ein memorial in progress, ein künstlerisches Totengedenken, das unter www.ramesch-daha.com betrachtet werden kann.

"Der 11. September wird nie ein Ende haben", sagt Ramesch Daha im Furche-Gespräch. Seit dem Irak-Krieg haben "Opfer" und "Terror" für sie eine neue Dimension. Ramesch Daha hat nämlich wieder nach den Namen der zivilen Opfer gesucht, doch auf den CNN-Seiten, wo die Opfer von 9/11 sehr bald nach dem Anschlag zu sehen waren, fand sie nur die Fotos der toten Soldaten - irakische Zivilisten zählen nicht. Die Suche unter "victims of terror" brachte zwar israelische Opfer, aber irakische waren nicht dabei.

Für Ramesch Daha war klar: Nur die Opfer von 9/11 zu porträtieren, wäre eine parteiliche Perspektive. Also begann sie eine neue Serie: tote Kinder aus dem Irak. Kinderporträts hat sie schon viele gemalt: Auftragswerke sowie Bilder ihrer beiden Söhne. Sie konnte nicht mehr einfach weiter malen, während anderswo Kinder in die Luft gejagt werden. Im Irak werden sie kaum gezählt, geschweige denn abgebildet.

Fotos getöteter Kinder fand Ramesch Daha nur auf nicht-westlichen Internetseiten: zerstückelte, zerfetzte Kinder - kein Gedenken an die Opfer, sondern eine blutrünstig inszenierte Instrumentalisierung. Erst sehr spät und zögerlich hat sich das Internet der irakischen Zivilopfer, auch der Kinder, angenommen. Das wichtigste Beispiel:

www.iraqbodycount.net

Ramesch Daha wird die neue Serie mit dem toten Kind im Frühling 2007 erstmals in der Wiener Galerie Bleich-Rossi zeigen. Der 11. September ist eine fortdauernde Realität und zugleich ein Mythos geworden - der seine Bedeutung verändert, wenn den Tausenden getöteten Irakern der Status von Terror-Opfern verweigert und der faktische Bürgerkrieg nicht als solcher bezeichnet wird. Ramesch Daha porträtiert die Kinder unter diesen Opfern - ohne von der Fortsetzung der "victims 9/11" abzulassen.CH

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