Völlern für die gute Sache

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Groß ist der Hunger in der Welt, doch größer der Appetit, seinen Wohlstand karitativ zu genießen. Viel zu viele leben in Armut, doch springen ihnen gerne jene bei, die es hungert, um der guten Sache willen zu völlern. Deren soziale Herz- und Magensache heißt Charity, eine Veranstaltung, die den sozialen Gegensatz mittels Haubenköchen überwinden möchte. Salzburg im Sommer, das ist nicht nur hohe Kunst und niederer Kommerz, die ohnehin keiner mehr auseinander zu halten weiß, nicht nur Adel von Geld und Geblüt, der für das Fernsehen Parade hält; das sind auch nicht nur die Sponsoren der Festspiele, die die Plätze der Innenstadt, nachdem sie von den Bettlern gesäubert wurden, in ihre Verfügung nehmen. Nein, Salzburg im Sommer, das heißt auch Champagner trinken, nicht weil er gut schmeckt, sondern weil es den Bedürftigen zugute kommt; selbst Trüffeln entfalten ein unerwartet soziales Aroma, wenn man sie sich nicht um des raffinierten Gaumenkitzels auf den Teller raspeln lässt, sondern dieses der tätigen Menschenliebe wegen tut.

Als ich kürzlich abends bei dem Gourmetlokal vorbeiging, das keine 200 Meter von meinem Haus entfernt liegt - damit man mich nicht für einen falschen Bußprediger halte: ja, ich kehre gelegentlich auch selber dort ein -, war in der schmalen Gasse großes Gedränge von Journalisten und Fotografen. Immerhin kämpften sich für die Obdachlosen der Stadt im Restaurant einige fernsehbekannte Stützen der Gesellschaft durchs Charity-Menü. Anderntags ging von ihnen frohe Kunde durch die Medien: Wacker, wie sie sich hielten, hatten sie am Ende 5000 Euro für den sozialen Zweck erfressen und ersoffen. Ach, herrlich ist es, nicht mit den Obdachlosen, sondern für sie zu dinieren. Und damit keiner, für den man sich der mildtätigen Anstrengung unterzog, womöglich auf unpassende Gedanken komme, waren am Eingang zwei Leibwächter postiert.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkririker in Salzburg.

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