Vom Anstellen und vom Angestellt-Sein

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Deutsch-Stunde

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Was haben Helly Möslein und Betja Milskaja gemeinsam? Sie beide haben, nicht miteinander, versteht sich, sondern nacheinander, zusammen mit Hermann Leopoldi das schöne Lied gesungen: "Am besten hat’s ein Fixangestellter“. Ein Lied von Peter Herz, dessen Bedeutung für die Wiener Unterhaltungsmusik nicht hoch genug einzuschätzen ist und der folgerichtig im Nirwana der Vergessenheit versunken ist. Das mit dem Angestellt-Sein ist so eine Sache. Wer sich lange genug anstellt, bekommt einen Studienplatz. Dann beginnt das Rennen um den Arbeitsplatz. Wer bewiesen hat, dass er sich geschickt anstellen kann, den mag man dann anstellen. Dann ist man Angestellter, dann tritt man eine Stelle an. Und dann muss man schon einiges anstellen, um den Sessel vor die Tür gestellt zu bekommen. Den Silberlöffel stehlen. Oder einfach der eine zu viel sein. Denn die Automatenkasse, an der mit dem Handy bezahlt wird und die das genaue Einkaufsprofil festhalten kann, braucht zwar noch jemanden, der sie in der Früh anstellt, aber angestellt sind dann nur noch die Kunden. "Er hat am ersten nix, er hat am zweiten nix, doch was er hat, das hat er fix.“ Vorbei, Herr Herz …

Schlange stehen als Erinnerung ans Paradies

Die Differenz zwischen dem Angestellten und dem Arbeiter ist in den meisten Bereichen aufgehoben. Sozialrechtlich, versicherungstechnisch. Statusgemäß? Ja natürlich auch … Nein, natürlich nicht. Nix ist so fix wie die sozialen Schranken der Sprache. Jeder Aufsteiger bringt seinen Buchstaben mit. Der eine das nasalierte A, der andere das favorisierte L. Beide mögen sich redlich bemühen, und im Scrabble des Lebens lassen sich Steine tauschen. Doch die Lautreihen pflanzen sich fort, bilden Codices für Eingeweihte, und über den fein differenzierenden Wortschatz wie über Ausdrucksarmut ließe sich so manche Betrachtung anstellen, wer wen beim Schlange-Stehen wie überholt. "Geh, stell dich nicht so an“, hört die Zögerliche von ihrem Amanten, der doch nur ein Bussi will oder ein Bisserl mehr. Und wenn sie sich nicht anstellt und was anstellt, und wenn sie diesem ungreifbaren Wiener Urmaß, dem Bisserl (siehe Alzerl) nachgibt, dann kann sein, dass sie die Angeschmierte ist.

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