Von fetten Gänsen, Karpfen, Braten

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Am 9. November fand an der Londoner Metropolitan University das weltweit erste Symposium zum Thema Food-Design statt. Endlich wurde auf hohem Niveau über die Gestaltung unserer Nahrung debattiert.

Ein dominantes Thema betraf aber nicht die Nahrung selbst, sondern eine krankhafte Auswirkung des Essens: Fettleibigkeit, ein Problem, das (noch) hauptsächlich im angelsächsischen Raum diskutiert wird. Brian Wansink von der New Yorker Cornell University präsentierte Diagramme, die darstellten, dass derzeit etwa 35 Prozent aller US-Amerikaner fettleibig sind. Wansinks Forschungen zufolge haben unter anderem viel zu große Teller, Schüsseln und Becher Schuld an dieser Misere. Kleinere Behältnisse führen offenbar zu weniger Appetit. Interessant? Kurios? Hilfreich?

Doch wie in fast jeder Diskussion zur Krankheit Fettleibigkeit blieb ein essenzieller Bestandteil unangetastet: die kulturelle Kraft unseres Essens. Im Mittelalter konnte ein Mann mit enormer Aufnahmefähigkeit bei Fleisch und Alkohol deswegen mit gesellschaftlichem Aufstieg rechnen. Und selbst heute hat ein "echter Kerl" viel zu essen und zu trinken.

Bodydesign - auch eine Form von Religiosität

In Anbetracht des kommenden Weihnachtsfestes denken wir doch in erster Linie an fette Gänse, Karpfen, große Braten oder Unmengen an Zucker. Kräftiges, schweres Essen ist ein essenzieller Bestandteil des beliebtesten Festes der Christenheit. Obwohl nicht bekannt ist, dass bei Jesu Geburt Ochs und Esel verspeist wurden ?

Ist Weihnachten ein lustbetonter Sündenfall? Jedenfalls wird Triebkontrolle nicht mit dem 24. Dezember in Verbindung gebracht. Doch damit kommen wir wieder zu einem Diagramm des New Yorker Professors. Es zeigt eine Landkarte der USA in 15 Jahren: 48 Bundesstaaten weisen mehr als 50 Prozent Fettleibige auf. In New York und Kalifornien sind die Bewohner hingegen zu dünn. Dort wird einem anderem kulturellen Phänomen gehuldigt: dem Design des eigenen Körpers mit Hilfe von strengstens ausgewählten Esswaren. Bodydesign, auch das ist eine Form von Religiosität.

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