Von vergänglichen Schönheiten

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Blumen als Symbol für Schönheit, Vergänglichkeit, Liebe und Tod - aufs Korn genommen von renommierten Fotokünstlern der unterschiedlichsten Stilrichtungen sind derzeit im FO.KU.S Foto Kunst Stadtforum in Innsbruck zu sehen.

Kurator Matthias Harder spricht von "zarter Wucht“, wenn er sich dem Thema der Blumen in der zeitgenössischen Fotografie widmet. Es ist ein sehr komplexes und auch traditionelles Motiv, das sich durch die Geschichte der Fotografie zieht. Von Anbeginn an waren Blumen und Blumenstillleben ein Thema das umkreist wurde. William Henry Fox Talbot (1800-1877) machte bereits Experimente mit Blumen, indem er sie auf lichtempfindlich präpariertes Papier legte und der Sonne aussetzte. Joan Fontcuberta, Irving Penn oder Robert Mapplethorpe haben das Thema dann weiter entwickelt, und ihre Arbeiten sind durchaus als Basis für jene zeitgenössischen Fotokünstler zu sehen, die aktuell im FO.KU.S in Innsbruck und parallel in Berlin gezeigt werden. Die Schau startete in den USA, war dann in Paris zu sehen und geht mit Jahresende nach Tokio - jede Station hat eine eigenständige Auswahl aus dem Gesamtportfolio getroffen.

Schönheit und Vergänglichkeit

In Innsbruck werden 14 Künstlerpositionen gezeigt. Das Spannende ist nicht nur die enorme Bandbreite der künstlerischen, sondern auch die der technischen Umsetzung sowie die Erkenntnis, dass viele Exponate durch extrem große Formate wirken. Für Harder changieren die Beispiele "zwischen vermeintlicher l’art pour l’art und Vanitas, zwischen Dekonstruktion bürgerlicher Bildvorstellungen und sinnlich inspirierter Materialgenauigkeit“. Wie interessant die Bandbreite des Gezeigten ist, machen Namen wie Nobuyoshi Araki, Sofia Koukoulioti, Vera Mercer, Martin Klimas, Michael Wesely, Sandra Kantanen oder Collier Schorr deutlich.

Sandra Kantanen setzt auf Vergänglichkeit, hält Eisblumen und gefrorene Blüten fest, die, teilweise mit Raureif überzogen, zur Betonung dieses Zustandes noch schwarz silhouettiert sind. Auch Michael Wesely paart Schönheit mit Vergänglichkeit - er braucht dazu aber Tage: In Langzeitaufnahmen wird das Verblühen von Blumensträußen festgehalten; rote Tulpen etwa, die zusehends auseinanderkippen, deren Stängel sich langsam zu Boden neigen und deren Blätter abfallen. Ebenfalls mit der Zeit spielt, wenn auch auf sehr konträre Art, Martin Klimas. Er ist ein destruktiv orientierter High-Speed-Fotograf, dessen Ziel allerdings nicht die Zerstörung, sondern die Veränderung ist. Er lässt Vasen mit Blumen zu Boden fallen und hält den flüchtigen Moment von Bruchteilen von Sekunden fest. Der Auslöser des Fotoapparates ist mit dem Geräusch des Zerbrechens gekoppelt und es wird genau der Moment festgehalten, wenn die Vase zerbricht - die Wahrnehmung von Sekundenbruchteilen ist spannend.

Erotische Konnotationen

Vera Mercer, die in den früher 1960er-Jahren als Ehefrau von Daniel Spoerri nach Paris kam und dort zur Avantgarde zählte, hat zwar mit eindrucksvollen Künstlerporträts begonnen, sich inzwischen aber auf Porträts von Nahrungsmitteln und Blumen spezialisiert, die sie ähnlich ästhetisch, sehr sinnlich und mit einem Touch Surrealismus arrangiert. Was den dekadent-morbiden Charakter der fotografierten Blumen angeht, so kann ihr Nobuyoshi Araki definitiv und im wahrsten Sinne des Wortes mit seinen in Vasen sterbenden Blumen das Wasser reichen. Gerade diese beiden Künstler verdeutlichen aber auch die letztlich großen Unterschiede in der Rezeption des Themas. Bei Araki werden die Aufnahmen auch Studien zur Sexualität, denn er sieht die Blüten als weibliche Geschlechtsorgane und bringt tote wie lebendige Salamander als männlichen Part ins Spiel und forciert damit die geschlechtliche Stilisierung des Blumenbildes wie sie auch in seinen Aktfotografien zu finden ist.

Flowers - Time, Death and Beauty

FO.KU.S Foto Kunst Stadtforum, 6020 Innsbruck

bis 5. November, Mo-Fr 11-18, Sa bis 15 Uhr

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