Weihnachtsstriezel und Wickelkind

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Sobald die Tage kürzer und kälter werden, steigt nicht nur der Konsum heißgemachten (und sonstigen) Alkohols. Je dunkler die Welt, desto mehr symbolische Lebensmittel nehmen wir zu uns. Der kulinarische Wertereigen beginnt mit dem Allerheiligenstriezel, eigentlich einem uralten, heidnischen Opferbrot. Antike Trauerkulte sahen vor, sich die geflochtene Haare zu schneiden, um damit seinem Leid Ausdruck zu verleihen. Aus diesem Haaropfer soll sich im Laufe der Geschichte der wohlschmeckendere Striezel entwickelt haben. Das Trauerbrot mutiert Ende Dezember zum Symbol für das Wickelkind und liegt als Weihnachtsstriezel am Frühstückstisch.

Vor diesem Fest füllt sich die Luft mit dem Duft süßer Backwaren. In Familienküchen und Backstuben entstehen üppige Kekse (vom englischen Wort Cakes). Die Geburt Jesu wird seit dem Mittelalter mit orientalisch gewürzten, kleinen Süßspeisen gefeiert. Vermutlich wurde diese Tradition in reichen Klöstern entwickelt.

Heidnische Verzehrgewohnheiten

Formal haben die kleinen "Sünden“ aber rein gar nichts mit dem Christentum zu tun. Monde, Zimtsterne, Bäume etc. verweisen auf heidnische Verzehrgewohnheiten und Naturgottheiten. Es ist aber auch schwer vorstellbar, Jesus (als Baby!), die Engel oder Heilige verniedlicht als Kekse auf den Tannenbaum zu hängen und in den Mund zu stecken.

Den göttlichen Leib verzehren wir nicht als süßen Genuss, sondern als alltägliches Brot. Oder doch nicht? Wie ist das am 6. Dezember? Betreibt das Christentum nicht eine Art von Kannibalismus, wenn es bedenkenlos und lustvoll einen Schokoladeheiligen, einen süßen Bischof verspeist?

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