Wenn Funktionäre auf Rebell machen

Werbung
Werbung
Werbung

Kann es zu viel Kultur geben? Da schüttelt man erst einmal den Kopf. Kann einer ernsthaft diese Frage stellen?

Vier Autoren haben das getan und der Antwort ein ganzes Buch gewidmet. Eine sogenannte Polemik: "Der Kulturinfarkt: Von Allem zu viel und überall das Gleiche“, noch keine zwei Wochen auf dem Markt, und ein Sturm der Erregung peitscht die Wogen des Feuilletons. Der Kulturstaat mit seinen Subventionen hat, so die provokante These, einen Betrieb des schieren Selbsterhalts geformt, in dem öffentliche Institutionen unantastbar schalten und walten, auf der Grundlage einer ehernen Daseinsberechtigung, gestärkt von einer Propaganda der Selbstüberhöhung. Lustig ist zunächst, dass die streitbaren Herren allesamt veritable Kulturfunktionäre sind, in Deutschland und der Schweiz tätig im Auftrag des Bundestages, von Stadtregierungen und kulturpolitischen Gremien. Was mag sie so verdrossen haben, dass sie die Hälfte aller öffentlichen Kultureinrichtungen für verzichtbar halten?

Es geht ihnen freilich um Umverteilung, nicht um Einsparung der Budgets. Ein paar Große weniger, dann haben die vielen Kleinen mehr zum Leben. Die Rechnung ist so krude, dass man sich die Haare raufen möchte. Sie erinnert an die Opposition halbwüchsiger Rebellen, die den Begriff "Institution“ reflexartig als Reibebaum aufstellen. Die Autoren segeln auf dem selben Strom, wenn sie den führenden Einrichtungen Wasser abgraben und zur "Laienkultur“ und in die Ausbildung lenken möchten - eine falsch verstandene Förderung einer "Kultur von unten“ und des Nachwuchses, die eben nur florieren können auf Grundlage der Arbeit großer Häuser mit ausreichenden Ressourcen.

Eine Polemik wie "Kulturinfarkt“ ist unnötig wie ein Kropf. "Von Allem zuviel“? Es gibt von sehr Vielem viel zu viel. Die kulturellen Einrichtungen sind nicht unser Problem.

* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung