Wer inszeniert schon Aristophanes?

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Piero Bordin, Leiter des Antikenfestivals Art Carnuntum, pflegt die griechische Komödie.

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Piero Bordin, Leiter des Antikenfestivals Art Carnuntum, pflegt die griechische Komödie.

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Im Februar dieses Jahres inszenierte Andrei Serban an der Wiener Staatsoper Franz Lehars "Die lustige Witwe", nun kommt er wieder, und zwar nicht in eines der großen Häuser, sondern um im alten römischen Amphitheater von Petronell-Carnuntum mit dem "La MaMa Theatre" New York sein Meisterwerk "Fragmente einer griechischen Trilogie: Troerinnen-Elektra-Medea" in Europa zu zeigen. Vor 25 Jahren uraufgeführt, vor wenigen Monaten neu inszeniert und mit Lobeshymnen, unter anderen in der "New York Times" bedacht, ist dieses Stück Theatergeschichte unter den noch bei Art Carnuntum gezeigten Produktionen die vielversprechendste.

"Ein Krieg fordert Opfer und diese Opfer sind die Leidtragenden auf beiden Seiten", verweist Piero Bordin, der Leiter des Antikenfestivals, angesichts der immer noch prekären Lage im Kosovo auf die Brisanz des "antiken" Themenbogens. Aktueller Zeitbezug ist ihm auch bei seinem höchst persönlichen Anliegen, bei Art Carnuntum einen Hort für die aristophanische Komödie zu schaffen, wichtig. "In unseren Breiten meint man, wenn man vom klassischen Theater spricht, nur die Tragödie. Aristophanes existiert weder auf den Bühnen, noch in den Spielplänen", so Bordin, der den Grund dafür vor allem in den unzulänglichen Übersetzungen sieht. Bereits im Vorjahr übersetzte und inszenierte der Österreicher mit griechischen Wurzeln mütterlicherseits selbst mit respektablen Erfolg Aristophanes' pazifistische Komödie "Der Frieden".

Für das heurige "Superwahljahr" hat er einen aktuellen Bezug in dessen Komödie "Die Weibervolksversammlung" - in der Frauen beschließen, nur Frauen zu wählen - gefunden. Dabei hatte der rührige Leiter von Art Carnuntum, der Regieerfahrungen beim Theater der Jugend in Athen sammelte, gar nicht vor, selbst zu inszenieren. "Nennen sie mir jemanden, der in den letzten 15 Jahren im deutschsprachigen Raum Aristophanes inszeniert hat", erklärt er sein Dilemma.

Als Künstler ist er eigentlich woanders beheimatet. So wurde er in den achtziger Jahren vor allem durch seine Kunst-Aktionen bekannt, zum Beispiel durch seine vielbeachtete Spiegel-Installation zum Thema "Orwell und die Gegenwart" bei den Wiener Festwochen 1984 oder seine aufsehenerregende Venedig-Aktion "Messaggio per il mare". Heute erinnert sich "Aristophaniker" Bordin an diese als ein gutes Omen für den Erfolg von Art Carnuntum, bei der seit 1990 regelmäßig so internationale Theatergrößen wie Tony Harrison, Peter Hall, Peter Stein, Bob Wilson oder die legendäre "La MaMa"-Gründerin Ellen Stewart ihre Werke zeigen. Auf den riesigen Eisblock, den er damals im Meer versenkte, war ein Satz des Satirikers aus Athen gemeißelt: "Alles, wenn Gott will, bringt das Glück zustande, und irgendwann trifft sich das Eine mit dem anderen."

13. und 14. August: "Die Weibervolksversammlung" 27. und 28. August: "Fragmente einer griechischen Trilogie: Troerinnen -Elektra - Medea" Informationen: 02163/3400

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