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Die Zeitschrift "Südwind" und Organisation gleichen Namens, die dahinter steht, feiern ihren 30. Geburtstag.

Den Text tippten sie mit Schreibmaschine auf Wachsmatritzen und vervielfältigten ihn, dann wurden die zwanzig Blätter in eine uralte Maschine in der Redaktion gestapelt, händisch zusammengelegt und anschließend geleimt. Das war die erste Nummer der Zeitschrift EPN, das Kürzel für Entwicklungspolitische Nachrichten, die im September 1979 erschien. Zehn Schilling kostete das 14-tägig erscheinende Heft, das sich "eine unabhängige Berichterstattung über aktuelle entwicklungspolitische Fragen" auf die Fahnen geschrieben hatte, "getragen vom Engagement für unterprivilegierte Gruppen und von der Kritik an Systemen und Instrumenten, die zur Verursachung von Ungleichheit führen". Herausgeber der neuen Zeitschrift war der Österreichische Informationsdienst für Entwicklungspolitik (ÖIE), ein bunter Zusammenschluss von Organisationen, die mit der sogenannten Dritten Welt in Beziehung standen. Neben ihrem Engagement für die Befreiungsbewegungen in den Ländern des Südens, für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, für eine menschenwürdige Zukunft einte sie auch die Überzeugung, dass "Entwicklungspolitik im eigenen Land beginnen muss".

1979 war das Jahr der gestürzten Diktatoren: Pol Pot in Kambodscha, Idi Amin in Uganda - und die Somoza-Dynastie in Nicaragua.

Traum von Zukunft und Befreiung

Der Triumph der Sandinisten am 19. Juli 1979 und die ersten Maßnahmen der Revolution im mittelamerikanischen Land standen im Mittelpunkt der ersten Ausgaben, entsprachen sie doch der Geisteshaltung von tausenden Menschen in Österreich, die vom neuen Menschen in einer selbstbestimmten emanzipatorischen Gesellschaft träumten.

Doch auch wenn ein gemeinsamer Traum die Leser und Leserinnen der Zeitschrift und die Redaktion einte - über ihre Gestaltung kam es nach Jahren zu einem Richtungsstreit. Als sich die "Modernisierer" durchsetzten, die die gleichen Inhalte in einem grafisch ansehnlichen Gewand präsentieren wollten, kam es zu einer kleinen Revolution. Die Umstellung auf ein Magazin mit Hochglanzpapier brachte etwa die Hälfte der Leser dazu, aus Protest ihr Abo zurückzulegen - ein Magazin war ihnen dem Ernst der Themen nicht angemessen.

In einer nächsten Etappe fielen die Kürzel: die EPN wurden zum Südwind Magazin, und der Herausgeberverein ÖIE zu Südwind Entwicklungspolitik.

Die Auseinandersetzung darüber, ob man eine ernsthafte entwicklungspolitische Zeitschrift im Kleid eines Magazins mit Vierfarben-Druck herausbringen kann, gehört endgültig der Vergangenheit an. Ungeachtet dieses Streites wollten die Zeitungsmacher von Anfang an global wichtige Themen entdecken und benennen, noch bevor sie im Mainstream angelangt waren. Die beginnende Aids-Epidemie etwa - was einen ranghohen ÖVP-Beamten im Außenministerium 1987 zur Feststellung veranlasste, die EPN hätte nichts besseres zu tun, als "sich über die Verwendung von Kondomen bei Prostituierten in Uganda den Kopf zu zerbrechen".

Rigoberta Menchú, eine damals noch unbekannte Menschenrechtsaktivistin aus Guatemala, wurde im Südwind 1990 interviewt, zwei Jahre, bevor sie den Friedensnobelpreis erhielt. Und natürlich nahm und nimmt seit Langem die Kritik an einem wild gewordenen Kapitalismus als Gefahr für Mensch und Umwelt eine zentrale Stelle ein. Im April vor zehn Jahren war der zehnseitige Themenschwerpunkt der gefährlichen Entwicklung auf den Finanzmärkten gewidmet, im November desselben Jahres dem Welthandel und der Rolle der Welthandelsorganisation WTO. Im selben Monat kam es dann in Seattle in den USA zum großen Eklat: Vor dem Hintergrund von Massenprotesten platzte die WTO-Ministerkonferenz; die globalisierungskritische Bewegung war damit als ernstzunehmender Akteur auf die Bühne der Weltpolitik getreten. Seither versteht sich auch Südwind als Element dieser Bewegung.

www.suedwind-magazin.at

* Der Autor ist Redakteur des Südwind-Magazins

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