Jacques Blumer vom Berner "Atelier 5" bei "Pro Scientia"
Von den unendlichen Weiten des Weltraumes bis zum Territorium eines Käfers spannte sich der inhaltliche Bogen der diesjährigen Sommerakademie des Studienförderungssystems "Pro Scientia". Das Thema "Habitat - Lebensräume in Natur und Kultur" umfasste auch Raumkonzepte in der Kunst, Ethnologie, Jus und Architektur.
Letztere stand im Zentrum des Vortrags von Jacques Blumer, Partner im Berner Architekturbüro Atelier 5. Die Arbeitsweise des Atelier 5 ist eine gemeinschaftliche, Projekte entstehen in Gruppen und laufen ausschließlich über den Namen des Büros.
Seit nunmehr 50 Jahren beschäftigt sich das Atelier 5 mit dem Thema "Wohnen", einem Bereich, "der heute in der Architektur kaum gepflegt wird, weil man damit wenig Erfolg habe kann", so Blumer. Ein großes Problem im Wohnungsbau stellt auch die Finanzierungsfrage dar. Für die schmale aber ökonomisch starke Schicht der Dinwks (double income no kids) gibt es einen Markt und wird auch tatsächlich gebaut (man denke nur an die so großzügigen wie teuren Lofts). Der Rest der Gesellschaft - Familien, Alleinerziehende, alte Menschen, Singles etc. - stellt keinen Marktfaktor und dar und ist somit für Investoren unattraktiv.
Bei der Planung von Gebäuden legt man im Atelier 5 viel Wert auf die Brauchbarkeit der Bauten für den Einzelnen wie auch für die Gruppe. Dabei müssen, erklärt Blumer, zwei Grundbedürfnisse berücksichtigt werden: Das Bedürfnis nach einem abgegrenzten und geschützten privaten Territorium sowie nach einer öffentlichen Kontakt- und Kommunikationsfläche. Ein Rezept für das sozialverträgliche Bauen, weiß man im Atelier 5, ist die Konzeption von Gesamtanlagen anstatt einzelner Häuser, "die wie Kühe auf der Wiese stehen".
Auch großartige formale Gesten haben in dieser Vorstellung keinen Platz: "Baue Häuser und Wohnungen und nicht Denkmäler und Designobjekte!". Dieses Motto ist allerdings nicht mit einer Geringschätzung des formalen Aspekts zu verwechseln. "Ästhetisches Empfinden ist eine Voraussetzung für einen Architekten; es ist nicht nötig deswegen so ein Theater machen", kommentiert Blumer.