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Aus schmerzlichen Anfängen, damals der Zahl ihrer Bekenner nach klein und noch mit puritanischen Vorurteilen empfangen, ist die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten Schritt um Schritt zu ihrer heutigen hohen geistigen Stellung aufgestiegen, sie, die erst 1829 die gesetzliche Gleichstellung mit der anglikanischen Hochkirche zu erreichen vermochte. Das Bild von damals ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Heute bestehen in den USA. 310 verschiedene Religionsgesellschaften. Darunter 25 baptistische, 12 mennonitische und 21 methodistische Bekenntnisse, ferner 21 lutheranische, 16 evangelistische und 15 orthodoxe Denominationen.

Die römisch-katholische Kirche im Jahre 1944 mit ihren 23.419.701 Seelen — in dieser Zahl wurden nicht die 3.037.866 Kinder mitgezählt, die im römisch-katholischen Glauben erzogen werden — ist weitaus die größte kirchliche Gemeinschaft. Sieht man von den viereinhalb Millionen Glaubensjuden ab, so folgt der katholischen Kirche in sehr weitem Abstand als zweitstärkste Religionsgesellschaft die Negro-baptisten mit 3.782.464 Anhängern, dann die Methodist-Episoopal-Kirche mit 3.509.000 und die Southern-Baptist-Con-vention mit 2.700.000. Die Protestant Episcopal Church erreicht demgegenüber 1.735.000 und die Unierten Lutheraner 1.286.612 Anhänger, während die Evangelical Lutheran Synod als letzte der größeren Religionsgesellschaften 1.192.552 Mitglieder aufweist.

Von den hunderten kleinen Gesellschaften, Zweigen und Sekten sei hier nicht die Rede, die sich merkwürdigerweise zumeist auch noch in eine Nord- und Südkirche, nach Nationen, Staaten oder sogar nach der Hautfarbe unterteilen.

Nach der Kirche der Primat der Schule

Nichts zeigt so deutlich die Planmäßigkeit des Aufbaues, dem die Katholiken ihre gefestigte Stellung verdanken, als ihr glänzend entwickeltes Schulwesen, dem in jeder Gemeinde, sobald die notwendigsten Bedürfnisse für den Gottesdienst befriedigt waren, unweigerlich die nächste Fürsorge zugewandt wurde. Und eine großzügige Fürsorge. Alles andere. Kirchenschmuck, Kirchturm usw. — das kam alles später. Zunächst Fürsorge für den Gottesdienst und dann katholische Schule! Heute bestehen 224 Kolleges mit 97.706 Akademikern, 1443 höhere katholische Schulen mit 251.752 Studierenden und 7436 katholische Privatschulen.

In 369 katholischen “Waisenhäusern sind gegenwärtig 65.000 Waisenkinder betreut, mehr als hundert katholische, Waisenhäuser sind in Ausbau begriffen, um Kinder von im Kriege Gefallenen aufzunehmen. Von den 225 katholischen Altersheimen fassen manche mehrere tausend Personen. 665 katholische Spitäler' und 105 Spezialkliniken werden von den katholischen Einrichtungen erhalten. Die Ausmaße scheinen ins Riesenhafte zu steigen. Bedeutende Geldmittel stehen für technische Einrichtungen, Apparate, für Parks, Garagen, Autokolonnen, Bibliotheken und die Kirchen dieser Anstalten zur Verfügung; manche gleichen kleinen Städten.

Das Zentrum Washington

Die wichtigste Organisation der Katholiken in den USA ist die National Catholic Welfare Conference, kurz NCWC. genannt. Sie bildet die Dachorganisation für alle Bestrebungen zur Förderung der Wohlfahrt der Katholiken in den Vereinigten Staaten, eine Organisation, die sich auf über zwanzig Millionen Erwachsene und drei Millionen Kinder erstreckt. Ein weitverzweigtes Netz von Abteilungen und Unterabteilungen, das sämtliche amerikanische Staaten, Städte und Landbezirke umfaßt, gliedert sich wieder in Einzelorganisationen für die Zusammenfassung der katholischen Bevölkerung, Erziehungswesen, soziale Fürsorge, Einwandererhilfe und andere. Ihr Zentrum ist Washington.

Tausende katholische Priester und zehntausende Laien stehen im Dienste der Caritasarbeit, die von einem Exekutivbüro zentral geleitet wird.

Hier sei berichtet, daß mir vor dem Kriege einmal ein hoher, deutscher Funktionär der NSV. erzählte, daß er von der Leitung der NSV im Jahre 1935 auf ein Jahr nach den USA geschickt wurde, um dort die Organisation der katholischen sozialen Fürsorge und der Wohlfahrtseinrichtungen zu studieren, die seine eigenen hohen Funktionäre als die beste der Welt bezeichneten.

Das Exekutivbüro der NCWC gliedert sich wieder in die Departements für Information, Einwanderungshilfe, Nationale Fraternität der christlichen Lehre, in das Büro für Publikationen und das Departement für katholische Aktion.

Der NCWC untersteht ferner das katholische Jugendkonsilium als förderndes Amt für alle in den USA existierenden Jugendgruppen. Nicht weniger als drei Millionen Jugendliche sind in den katholischen Jugendgruppen zusammengefaßt.

Der Zeitungsdienst der NCWC

Ohne Beispiel in der katholischen Welt steht das Pressedepartement da, dessen News Service von Korrespondenten in allen Erdteilen bedient wird und einem Heer von Zeitungen seine Nachrichten vermittelt. Dieser Dienst ist bemerkenswerterweise ausschließlich auf Meldungen aus dem katholischen und kirchlichen Leben und dem kulturpolitischen Sektor beschränkt und vermeidet die Tagespolitik; umfangreiche Sende- und Empfangsanlagen vermitteln den Nachrichtendienst, der durch einen modernen Bilderdienst und Ausgaben für die beliebte „fiction Story“, die Kurzgeschichte, ergänzt wird.

Die Abteilung für „Social Action“ bearbeitet alle Felder sozialer Tätigkeit und pflegt internationale Beziehungen. Sie umfaßt Unterabteilungen in allen Städten für die Pflege des Familienlebens, Zivilerziehung, soziale Wohlfahrt, Urlaubsreisen, Landaufenthalt und Erholungsheime. Mehr als zwei Millionen werden von ihr alljährlich erfaßt und irgendwie betreut.

Ein weites Departement betrifft die Laienorganisation. Sie umschließt m erster Linie das „National Council der katholischen Männer" und das „National Council der katholischen Frauen“. Diesen unterstehen 5700 katholische Laiengesellschaften. Rein organisatorische Büros dieser beiden Councils sind das Evidence Büro und die Radioabteilung, die mit der National Broadcasting Corp. einen Vertrag hat, der ihr das „Blue Network“, das weitausgedehnte Netzwerk dieser Gesellschaft mit ihren sämtlichen Sendern für die katholische „Hour of Faith“ (Glaubensstunde) zur Verfügung stellt.

Der „Catholic Action Study“, einem weiteren Departement der NCWC, unterstehen die Verbände für die Studentenfürsorge, Erziehung, Heranbildung, Unterricht und Wohlfahrtspflege der katholischen Studenten.

Ebenso wie die Kirche, lehnt NCWC. in allen ihren Aktionen eine Anteilnahme an dem Parteileben des Landes ab; wohl aber nimmt jeder Bischof, wo es sich um öffentliche Angelegenheiten der allgemeinen Wohlfahrt handelt, das Recht jedes freien amerikanischen Bürgers in Anspruch, seine Meinung öffentlich zu sagen. Und niemand fällt es ein, ihm dies streitig zu machen.

Es ist interessant, daß die Städte mit dem stärksten katholischen Bevölkerungsanteil Chicago, Philadelphia, Boston und Pittsburgh sind, ihnen folgen, perzentual genommen, St. Louis, Newark, Detroit, Brooklyn, Cleveland, Corpus Christi und Providence. Es sind vornehmlich die Arbeiter, die in diesen Städten die Kaders der katholischen Organisationen füllen.

Es ist eine wahre katholische Aktion, die in diesen Verbänden und tausenden Gliederungen am Werke ist, dergestalt, daß für jedes Tätigkeitsfeld: Schule, Caritas, soziale Arbeit usw., neben den großen Standesvereinen besondere, nur diesen Spezialleistungen gewidmete Verbände zur Verfügung stehen.

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