Zwei große Seelen

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Kino vom Feinsten: "Herr Zwilling und Frau Zuckermann".

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Kino vom Feinsten: "Herr Zwilling und Frau Zuckermann".

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Herr Zwilling und Frau Zuckermann, zwei Charakterdarsteller, die ein langes, erfahrungs- und leidreiches Leben gezeichnet hat, sind krönende Juwelen einer gleichnamigen Kinodokumentation vom Feinsten. Die beiden jüdischen Überlebenden aus Czernowitz bescheren dem Film selten wahre Sternstunden. "Ich bin ein Pessimist, der leider fast immer recht hat," bekennt der von Gram gebeugte Lehrer Zwilling, der mit leiser Melancholie Jugendlichen in der Ukraine chemisch-physikalisches Wissen vermitteln möchte. Der marode Staat zahlt Gehälter nur spärlich, täglich gibt es eine neue Hiobsbotschaft zu berichten. Treue Zuhörerin der schlechten Kunde ist Zwillings Freundin Zuckermann, die ihren "Ritter von der traurigen Gestalt" unermüdlich das Gegenteil nahebringen und seine negative Weltsicht relativieren möchte.

Mit stiller, treuer Anhänglichkeit hält seine optimistische Freundin am Glauben an das Schöne und Gute fest. Ihre Lebenskraft schöpft sie aus Lyrik und Prosa, für den Film läßt sie sich sogar dazu herbei, mit unnachahmlichem Charme zu rezitieren. Ihre karge Rente bessert sie mit Privatstunden für lernwillige Schüler des Deutschen oder Englischen auf. Die Kamera verfolgt die beiden Herrschaften durch ihren Alltag und liefert ganz nebenbei eine Bestandsaufnahme ukrainischer Befindlichkeit. Das alternde, gegensätzliche Freundespaar im respektvollen, immer von Humor, Weisheit und Menschlichkeit getragenen Dialog zu verfolgen, bereitet tiefes Vergnügen. Volker Koepp gewährt in seiner Dokumentation behutsam Einblick in zwei stille, große Seelen, von denen man nur ungern Abschied nimmt, wenn man sie einmal kennenlernen durfte.

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