Zwei Jahre Lebenszeit fürs KUB

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Das Kunsthaus Bregenz widmet dem US-Künstler Ed Ruscha eine umfassende und gediegene Retrospektive. Vor gut drei Jahren hatte Ruscha die Ausstellung zugesagt - die dann auch von ihm selbst in den letzten beiden Jahren eigens für das Haus konzipiert wurde.

Der US-amerikanische Kunst-Superstar Ed Ruscha hat mit der Ausstellung "Reading Ed Ruscha“ eine fulminante Schau seines bisherigen Schaffens von 1969 bis in die unmittelbare Gegenwart vorgelegt. Manche der ausgestellten Werke waren noch nie zu sehen und kommen direkt aus dem Atelier des Künstlers ins Kunsthaus Bregenz (KUB). Der Fokus auf das Buch bzw. das Lesen als umfassende Kulturtechnik lässt die künstlerischen Bestrebungen Ed Ruschas besonders deutlich hervortreten.

Die aktuelle Ausstellung hat etwas von einer gediegenen Retrospektive. Gezeigt werden an die 120 Arbeiten. Nachdem Ed Ruscha vor gut drei Jahren zugesagt hat, die Ausstellung zu machen, hat er, so Direktor Yilmaz Dziewior, den Großteil der Ausstellung selbst bestimmt. Dazu hat er zwei Jahre seiner Schaffenskraft investiert. Ein unbezahlbares Engagement, wenn man bedenkt, dass seine Werke in allen wichtigen Sammlungen in Amerika, Europa und in Asien hängen, sogar Barack Obama hat sich für das Weiße Haus einen Ed Ruscha angeschafft.

Metapher für die Abwesenheit Gottes

Im ersten Stockwerk finden sich die legendären Künstlerbücher, die das KUB alle zusammentragen konnte. Die Bücher selbst sind in Glasvitrinen, aber der Besucher kann sich durch iPods wischen und so den Inhalt genau nachvollziehen. An der Wand finden sich großformatig ausgeführt 51 gerahmte Seiten aus einem Künstlerbuch des Romans "On the Road“ von Jack Kerouac. Hier wird deutlich, dass die Bewegung, das zur Kunst gewordene "Road Movie“ für Ruscha sehr wichtig ist. "Every Building on the Sunset Strip“ etwa zeigt sämtliche Gebäude auf dem "Sunset Strip“ in Los Angeles, dem Domizil des heute 75-jährigen Künstlers. Ed Ruscha ist zwar katholisch erzogen worden, doch er praktiziert den Glauben nicht. Seine Kunst ist vor allem von den großen amerikanischen Kunstströmungen der 60er- und 70er-Jahre geprägt, die da sind Konzeptkunst und Pop Art. Nicht von ungefähr wird er in einem Atemzug mit Roy Lichtenstein genannt. Sein Verhältnis zur traditionellen Religion wird in dem Acrybild "In the Beginning“ besonders deutlich. Hier greift der Künstler, vielleicht unbewusst, den Beginn des Johannesevangeliums auf, wo es heißt: "Im Anfang war das Wort.“ Bei Ed Ruscha folgt auf das Wort vom Anfang nur eine leere Bildfläche, eine markante Metapher für die Abwesenheit Gottes.

Der zweite Stock zeigt Gemälde, die horizontale Streifen aufweisen, die an Mark Rothko oder Barnett Newman erinnern, wobei Ed Ruscha den Streifen alles Gestische ausgetrieben hat. Dann sind hier auch Bilder von Landschaften, auf die leere, horizontale Streifen geklebt sind, und zwar genau so breit, dass ein unten angeführter Spruch in diese Streifen hineinpasst. In diesen Buchtiteln, die der Besucher selbst auf das Bild projizieren muss, kann sich auch tiefe Lebensweisheit artikulieren, wie zum Beispiel der Satz "Do as told or suffer“ ("Mach es, wie man es dir gesagt hat, oder leide“). Ins Auge fallen auch großformatige Acrylbilder, auf die Ed Ruscha Bücher gemalt hat. Es sind jene Bücher, die man auf die berühmte einsame Insel mitnehmen würde, ohne die menschliches Leben unvorstellbar wäre - dazu zählen ein Atlas, ein Tagebuch und die Bibel.

Der dritte Stock ist die sogenannte "Bel Étage“ des KUB, weil sie wesentlich höher ist als die unteren beiden Stockwerke. Für diesen abschließenden Stock hat Ed Ruscha riesige Formate geschaffen, und zwar die Abbildungen von aufgeschlagenen Büchern. Das Ganze hat natürlich etwas von existenzieller Ironie, die Bücher sind riesengroß, aber unbenutzbar, weil zweidimensional gemalt: Die ganze Tradition, die alten Geschichten der Menschheit stehen uns Heutigen zwar vor Augen, aber es scheint unmöglich geworden zu sein, sie zu lesen. In aller Ironie ist der kulturgeschichtliche Bezug zu den Buch-Religionen Christentum, Judentum und Islam unübersehbar. Um diese Bezüge zu sehen, ist ein Gang ins Museum unerlässlich, weil sich diese erst vor den Originalen erschließen.

Ed Ruscha - Reading Ed Ruscha

Kunsthaus Bregenz

bis 14. Oktober, tägl. 10-20 Uhr, ab 3. 9. Di-So 10-18, Do bis 21 Uhr

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