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Aus Florida, dem Paradies der amerikanischen Senioren, erreicht uns die Nachricht, dass dort am 5. April ein Mann aus Respekt hingerichtet worden ist. In den usa werden die Todesurteile bekanntlich auf doppelt humane Weise vollzogen, insoferne erstens dem Delinquenten, so sehr er sich auch einen grausameren verdient hätte, der sanfte Tod mittels lähmender Giftspritze gewährt wird; und dass zweitens bei seinen letzten Zuckungen die Hinterbliebenen seines Mordopfers zugegen sein dürfen, die als Zeugen seiner Todesangst und seines Todeskampfes endlich in jenen heiligen Frieden zurückfinden können, der ihnen durch den Mord an einem geliebten Menschen geraubt worden war.

So wird in vielen Bundesstaaten der usa verfahren, zumal dort, wo die beiden erzfrommen Brüder Bush ihrem politischen Gewerbe nachgingen, in Texas, wo George W. das Handwerk erlernte, und in Florida, wo Jeb noch immer amtiert. Dieses Mal aber schien die Maschinerie, die staatlich Menschen zu Tode verbringt, unerwartet zu stoppen. Jeb Bush teilte der Presse mit, dass er aus Respekt vor dem verstorbenen Papst, der sich ja stets gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte, eine Hinrichtung zu verschieben gedenke. Dann aber, nach einem Tag meditativer Selbstversenkung, entschloss der bekennende Christ sich doch wieder anders. Er hatte nämlich erkannt, dass dem Respekt vor dem Papst der Respekt vor den Hinterbliebenen des Mordopfers entgegen stand: Die hatten sich schon so lange inniglich auf ihren Festtag gefreut und sich einfach, wie der Gouverneur vor laufender Kamera mitteilte, "bereits auf den Termin eingestellt". So kam es, dass am 5. April, bei allem Respekt vor dem verstorbenen Papst, aus Respekt vor ein paar Lebenden, die einen Mordsappetit hatten, einen Mörder sterben zu sehen, in Florida eine Hinrichtung vollzogen wurde.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkritiker in Salzburg.

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