Achtung, frisch ausgeschrieben

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Nehmen wir an, Sie entdecken in der Wiener Zeitung die Ausschreibung für eine hohe Position in einem staatsnahen Bereich. Wären Sie als gelernter Österreicher wirklich so naiv, sich zu bewerben?

Die Ausschreibung öffentlicher Posten ist schlicht eine Farce. Vorher wird ausgepackelt, dann eine punktgenau maßgeschneiderte Ausschreibung formuliert und im Zuge des "Verfahrens" vielleicht sogar noch eine Personalberatungsfirma um gutes Geld bemüht. Genau so ist es bei der neuen Pensionsversicherungsanstalt geschehen. Ein Schwarzer (Wetscherek) und ein Blauer (Gaugg) entpuppten sich - Überraschung! - als die geeignetsten Kandidaten. Dumm nur, dass man diese Lösung schon Tage vor der Bestellung in einem Protokoll nachlesen konnte.

Niemand behauptet, dass es unter den Vorgängerregierungen besser war. Aber man erinnert sich dunkel, dass die Freiheitlichen mit dem programmatischen Schlachtruf "Entpolitisieren!" angetreten sind. Wie dies jetzt in der Praxis ausschaut, zeigt sich besonders drastisch im ORF. Da wird mit der Politik gepackelt, dass die Bildschirme flimmern müssten. Und das Schlimmste daran ist: Niemand regt sich mehr ernsthaft darüber auf - nicht einmal die Opposition, die darauf hofft, dass Rot-Grün dereinst eine viel bessere Politik machen werden. Doch in Wien, wo die Sozialdemokraten mit absoluter Macht ausgestattet sind, spielt man das gleiche Spiel.

Auch dort wird brav ausgeschrieben: etwa Leitungsfunktionen in Gemeindespitälern. Maßgeschneidert. Jene (meist ohnehin bereits pragmatisierten) Ärzte, die sich unbotmäßig bewerben, obwohl der Posten längst für einen anderen ausgeschachert ist, wagen es oft nicht einmal, mit Medien darüber zu reden. Schließlich herrscht in Wiener Spitälern eine Art Maulkorberlass. Wer mit Journalisten sprechen will, gleichgültig zu welchem Thema, muss vorher im Gesundheitsmagistrat um Erlaubnis bitten. Scheint eine Vorform der Demokratie zu sein.

Fazit: Wer regiert, färbt seine Umgebung in der passenden Parteifarbe ein. Soll sein. Aber bitte erspart dem Steuerzahler wenigstens die Heuchelei der Ausschreibungen!

Die Autorin ist innenpolitische Redakteurin der Tageszeitung "Der Standard".

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