Ösis auf der Überholspur" schreiben deutsche Medien seit Monaten voll Neid. Österreicher sind reicher als die Deutschen, haben ein besseres Wirtschaftswachstum und eine niedrigere Arbeitslosenrate (natürlich auch dank des durchaus problematischen Wegs der Frühpensionierung).Vier österreichische Regionen sind unter den Top Ten der europäischen High-Tech-Standorte gelandet, Österreichs Budgetpolitik und Pensionsreform werden international gelobt. Wien wurde kürzlich von Le Monde als Vorzeige-Kunststadt beschrieben. [...]Warum wird dann hierzulande trotzdem so gern und ausgiebig
Lange galt die steirische Volkspartei als Denkfabrik der ÖVP. Doch in letzter Zeit nimmt dort das Querdenkertum leicht querulatorische Züge an.Da verwendet zum Beispiel der steirische VP-Landesgeschäftsführer Andreas Schnider offenbar mehr Zeit für Interviews, in denen er seiner Partei Unfreundlichkeiten ausrichtet, als für seinen Organisationsjob. Nach dem -inhaltlich interessanten, parteitaktisch problematischen -Kampf für Ganztags-und Gesamtschulen ist nun die Homo-Ehe, inklusive Adoptionsrecht, sein Kampfthema. [ ]Querdenkertum scheint sich in der ÖVP derzeit hauptsächlich über
Was wäre, hätte man den Sommer ohne Nachrichten aus Österreich verbracht? Alles wie gehabt: Die ÖVP hat sich mit ihrer Parteireform-Diskussion in so vielen Vorschlägen verheddert, dass das mathematische Mittel aus alldem eine Null ergibt - was aber niemanden zu erschüttern scheint: Die Volkspartei hält in Umfragen bei Platz eins, wenn auch ihre einzige Stärke in der Schwäche der Kanzlerpartei besteht.Die wiederum behauptet, das Land sozialer zu machen, führt aber im wesentlichen den Budgetkonsolidierungskurs der alten Regierung weiter. Um diesen Eindruck zu verwischen, darf der
Wie perfekt müssen Politiker sein? Sie dürfen nicht stottern, sollen sportlich sein, müssen eine intakte Familie haben und zu allem eine Antwort wissen. Was sie sich nicht leisten dürfen: Laster aller Art (Zigarette, Schweinsbraten, kleiner Schwips), Übergewicht - und das Geständnis, dass man im Büro schon mal "furchtbar geschluchzt" habe und "alles hinhauen" wollte, wie Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky kürzlich in einer Postille gestand.Die stellvertretende ÖVP-Parteichefin (ja, das ist sie auch!) überrascht jeden Tag aufs Neue mit dem Bruch aller politischen Benimm-Regeln. Das
Wählen mit 16? Das ist beschlossene Sache, doch die Kommentatoren betrachten es miesepetrig. Weil man für vieles noch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann und weil 16-Jährige als politikdesinteressiert gelten. Aber sind das beschämend viele Erwachsene nicht auch? Muss das ewig so bleiben? Und resultiert das nicht aus einer Politik, die sich um die wahlentscheidende Gruppe der Alten, aber kaum um die Jungen schert? Das hat übrigens dazu geführt, dass die Gewerkschaftsjugend zwar seinerzeit für Pensionistenrechte demonstriert hat; aber junge Aufmüpfige, die für ihre eigenen
Handytelefonieren während einer Diskussion, Piercing in der Zunge, Bruch der Regeln? Geht gar nicht - zumindest nicht in der TV-Show Germany's next topmodel. Das Handy landet im Kübel, das Piercing muss raus, und Regelverstoß wird gnadenlos geahndet. Wer Nummer eins werden will, braucht Disziplin - der Tanzcoach bringt die nötige Autorität mit. Das ist so ungewöhnlich, dass Jugendliche, denen das weder von Lehrern noch von Eltern abverlangt wird, gebannt zusehen. Auch auf höherem Niveau ist es ein Thema: Der frühere Direktor der deutschen Internatsschule Salem Bernhard Bueb belebt mit
"Friedliche Koexistenz" von Rauchern und Nichtrauchern wünscht sich also unsere Gesundheitsministerin (bisher Raucherin). Auf gut österreichisch heißt das: Man soll weiterpofeln dürfen, und die Nichtraucher mögen doch friedlich sein! Beim Thema Rauchen entdeckt selbst der Ordnungs-Fanatiker (und Kettenraucher) H. C. Strache seine Liberalität: Demnächst werde man der EU noch den Kalorienverbrauch melden müssen, raunzt er gegen die Einschränkung des blauen Dunsts. Die Grünen thematisieren zwar den Feinstaub auf der Autobahn - doch die viel größere Gefahr der Nikotin-und
"I didn't inhale", verteidigte sich Bill Clinton seinerzeit gegen den Verdacht, in seiner Jugend Verbotenes geraucht zu haben. Auch für die Sünden späterer Jahre hatte er originelle Erklärungen parat. Mit Schlagstöcken und Militärkleidung im Wald hat sich hingegen Heinz-Christian Strache herumgetrieben. Für Alfred Gusenbauer, der als Jungsozi einmal übermütig den Moskauer Boden küsste, ist das dennoch nur eine Jugendtorheit. SP-Klubchef Josef Cap verglich Strache sogar mit dem ehemaligen Steinewerfer und Hausbesetzer Joschka Fischer. Der Unterschied zu Fischer (und Clinton) ist
Angeblich ist er ja eine Art Weltkulturerbe: der Wiener Schmäh. Vor allem die Deutschen scheinen ihn zu lieben. Seltsam. Fährt man nämlich umgekehrt als Wiener nach München oder Berlin, dann ist man von der Freundlichkeit der Deutschen förmlich überrumpelt.Keine grantelnden Kaffeehauskellner, die den Kunden gern belehren und wie vom Erdboden verschluckt sind, wenn man dringend zahlen möchte. Kein Bäcker, der die Kundin abweist, die eine Minute nach 18 Uhr noch Brot kaufen möchte. Keine Verkäuferinnen, die sich in ihrer Konversation gestört fühlen, wenn man nachfragt, ob 's das
Als Moralapostel lebt es sich gemütlich: Man entrüste sich über die anderen und mache sich selbst nicht die Finger schmutzig - derzeit übrigens die Maxime der Grünen. Wobei die in der Opposition festbetonierte Partei in einer selbst gestellten Falle sitzt. Wer jahrelang den Teufel an die Wand malt, kann nicht plötzlich auf einen pragmatischen Kurs - Rot-Grün mit oranger Duldung - umschwenken. Daher sind Rot und Schwarz zu einer großen Koalition verdammt. Und jene, die die ÖVP zuerst im "Schmollwinkerl" sahen, kritisieren jetzt ihre "Machtgier", statt an die Grünen zu appellieren,
Gelegentlich ist uns Deutschland debattenmäßig voraus. Wobei des Österreichers Lust an der Selbstgeißelung nicht ganz so ausgeprägt wie jene des großen Nachbarn ist. Die neue "Unterschicht"-Diskussion ist so peinigend wie aktuell. Natürlich gibt es auch bei uns die nicht Integrationsfähigen und/oder-willigen, gleichgültig, ob sie Inländer oder Immigranten sind. Ein Rückstand an Bildung, Erziehung, Artikulationsfähigkeit ist das Eintrittstor für eine "Karriere" als Sozialfall. Verfestigte Unterschicht nennt man das in Deutschland.Auf der anderen Seite der Medaille befinden sich die
Im ORF tobt der Krieg. Alles - Programm, Struktur, Führungspersonal - scheint zur Disposition zu stehen. Aber seltsamerweise hat in diesen Tagen niemand eines der wahren Konsumentenprobleme im ORF-Fernsehen thematisiert - vielleicht, weil der Zuseher/Zuhörer im laufenden Schaukampf ohnehin nicht die Hauptfigur ist?Was wirklich stört: der abrupt abgebrochene Abspann von Filmen. Das ist brutal, kulturlos und entspricht wahrlich nicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag. Dahinter steckt natürlich der verzweifelte Kampf um Quote. Denn ein Teil der Zuseher - möglicherweise sogar die
"Wer arbeitet denn hier noch?" fragt der Chef im Werbespot angesichts eines hell erleuchteten Bürofensters in finsterer Nacht. "Den muss ich mir merken, tüchtiger Mann", meint er sodann. Die Ironie: Der Angestellte lässt bloß täglich das Licht brennen, obwohl er wie alle anderen heim geht.Das Dumme ist nur: Im wirklichen Leben denkt man in Chefetagen ähnlich antiquiert. Lange Anwesenheit, ständige Verfügbarkeit, Lust an abendlichen Endlos-Sitzungen oder zumindest auf ein Bier mit Kollegen nach Büroschluss gilt als Qualitätskriterium. So eine Firmenkultur hemmt den Aufstieg von
Dem Volk erscheint sie als beste Regierungsform, die Sozialpartner wollen sich darin selbst verwirklichen, und ab der nächsten Legislaturperiode wird sie wohl unausweichlich sein: die große Koalition. Mit dem bzö, sollte es überhaupt ins Parlament kommen, wird sich schon rein rechnerisch keine Regierungsmehrheit ausgehen. Heinz-Christian Strache wird Jörg Haider zwar locker überrunden, doch möchte sich voraussichtlich niemand mit ihm ins Koalitionsbett legen. Und die Grünen? Sie leiden an inhaltlicher Schwäche - und wirklich regieren will nur die Führungsspitze. Ideologisch sind sie
Meine Bankfiliale lädt mich zu einem vorweihnachtlichen Besuch ein und lockt sogar mit dem Gutschein einer Parfümerie. Rührend. Denn in den letzten Jahren haben die Banken alles getan, um sich die Kunden vom Leib zu halten. Wer kein Internet-Banking beherrscht, gilt als Dinosaurier. Jeder Filialbesuch gestaltet sich mühsam: lange Warteschlangen beim Schalter, weil sich mit dem Bestreben nach nur virtuell anwesender Kundschaft offenbar ein großer Teil des Personals verflüchtigt hat. Wer noch den Mut hat, einen Erlagschein in der Bank auszufüllen, hat eine zehn Zentimeter breite Fläche
"Die Intervalle werden auch immer kürzer", lautet der Slogan für ein Werbeplakat der "Wiener Linien". Es kann sich allerdings nur um die Geburtswehen der abgebildeten Schwangeren handeln. Denn so schleißig wie jetzt waren die Intervalle von Straßen- und u-Bahn in der Bundeshauptstadt noch nie. Doch in der angeblich bestverwalteten Stadt der Welt regt sich kein Widerstand.Apropos bestverwaltet. Ja, angeblich funktioniert die Müllabfuhr besser als in Rom, Paris oder New York. Aber in keiner der drei Städte gibt es ein derartig zum Himmel stinkendes Problem wie den Hundedreck. Warum bringt
Bricht die spitzenmedizinische Versorgung in Österreich zusammen? Nach den Meldungen honoriger Universitätsprofessoren in diesem Sommer könnte man es glauben. Dennoch ist Skepsis angebracht: Wer auch immer einige Zeit im Ausland lebte und dort vielleicht Patient war, singt danach das Loblied auf die heimische Medizin. Sie ist relativ leicht zugänglich, kennt keine Altersgrenzen und keine Ausschließungsgründe für Behandlungen.Aber wie in vielen anderen Staaten kämpft man auch bei uns mit der ethisch unlösbaren Frage: Können und sollen wir alles, was technisch machbar ist, auch
"Na, Sie werden nicht alt": Originalzitat eines Mediziners gegenüber einer 44-jährigen Krebspatientin, die ihre Hoffnung auf Heilung dennoch nicht aufgibt. Stimmt, Österreich ist in vielen medizinischen Bereichen Weltklasse, etwa im Transplantationswesen. Gar nicht Spitze sind wir in der menschlichen Zuwendung. Beispiel Nummer zwei: Eine 80-jährige Patientin kommt mit Verdacht auf Herzinfarkt in die akh-Notfallaufnahme. Alles klappt wie am Schnürchen - und dann wird sie in ein Gangbett verfrachtet. Genauere Informationen? Keine Zeit. Auch als engster Verwandter überwindet man nur mühsam
"Ösis auf der Überholspur" schreiben deutsche Medien seit Monaten voll Neid. Österreicher sind reicher als die Deutschen, haben ein besseres Wirtschaftswachstum und eine niedrigere Arbeitslosenrate (natürlich auch dank des durchaus problematischen Wegs der Frühpensionierung).Vier österreichische Regionen sind unter den Top Ten der europäischen High-Tech-Standorte gelandet, Österreichs Budgetpolitik und Pensionsreform werden international gelobt. Wien wurde kürzlich von Le Monde als Vorzeige-Kunststadt beschrieben. Nicht zufällig reißen sich Theater- und Musikmacher darum, hier zu
Du vertiefst Sprachkenntnisse, erweiterst deinen Horizont, lernst eine andere Kultur kennen: So versucht man seinem Nachwuchs den bevorstehenden österreichisch-französischen Schüleraustausch schmackhaft zu machen. Dann sind sie endlich für eine Woche da, "unsere" Franzosen, verteilt auf die ganze Klasse - und die Wirklichkeit ist ernüchternd.Kommunikation zwischen fremden Halbwüchsigen heißt: sich gemeinsam schweigend vor die Playstation zu werfen. Kultur des Landes kennen lernen bedeutet für die Gastgruppe: die nächtliche Lokalszene in Wien unter die Lupe zu nehmen - umgekehrt
Presseaussendungen können ziemlich verräterisch sein. Vergangene Woche hat ögb-Vizepräsidentin Renate Csörgits auf die "Problematik der hohen Teilzeitquote bei den Frauen" hingewiesen. Problematik? Wieso hetzt der Gewerkschaftsbund eigentlich noch immer gegen Teilzeitbeschäftigung? Ganz oder gar nicht - das war lange die Devise der De-facto-Einheitsorganisation spö-ak-ögb. Teilzeit wurde von ihr in den Achtzigern gern als Frauenfalle gebrandmarkt.Ein Jahrzehnt später ergab eine ak-Studie, dass sich viele junge Mütter (und leider nur wenige Männer) reduzierte Arbeit wünschen, die
Warum werden Politikerinterviews immer langweiliger? Erstens: Weil die Volksvertreter jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, damit es ihnen nachher nicht um die Ohren fliegt (Stichwort: "Party statt Kinder"). Zweitens: Weil sie immer besser gecoacht sind. Drittens: Weil die Autorisierungswut der Pressesprecher immer schlimmer wird.Es hat sich eingebürgert, dass (Print-)Interviews vor Veröffentlichung vom Gesprächspartner abgesegnet werden. Dagegen wäre prinzipiell nichts einzuwenden, denn ein einstündiges Gespräch, gegossen in 150 Zeitungszeilen, bedeutet radikale Kürzung des
"Die Eltern sind schuld." So lautet - kurz zusammengefasst - derzeit das Urteil von Zeitungskolumnisten, die entweder kinderlos oder mit Lehrerinnen verheiratet sind, über das "Pisa"-Unheil. Als lesefreudige Mutter mit lesefaulen Kindern kommt man da einigermaßen ins Grübeln über das Scheitern der eigenen Erziehung.Tonnenweise Kinderbücher schleppte man früher heim, las vor, leitete zum Lesen an, war Vorbild mit niedrigem TV- und hohem Buchstabenkonsum. Das Ergebnis? Die Kinder, kaum von der Schule heimgekommen, pfeffern ihre Schultaschen ins Eck, um sogleich an Computer oder Playstation
Für die heimischen Sozialdemokraten gab es schon unter Kreisky die real existierende soziale Utopie: Schweden. Vieles davon ist mittlerweile Mythos, passt aber prächtig zum Bild, das Ikea per Werbespot verbreitet: Da gibt es ein lustiges Völkchen, das nach Weihnachten Sofas und Christbäume auf die Straße schmeißt sowie anbetungswürdige Sozialleistungen hat.Die gibt es zum Teil tatsächlich, allerdings gepaart mit rekordverdächtiger Steuerbelastung. Es stimmt, die Familienleistungen sind vorbildlich. Schweden hat in den siebziger Jahren, als andere Gastarbeiter für die brachliegenden
Vor Jahren galt Stewardess als Traumberuf für junge Mädchen: Fliegen in die große Welt! Kesse Kostümchen und ein strahlendes Lächeln für den Piloten, den Übermann schlechthin. Dreißig Jahre später ist die angebliche Freiheit über den Wolken strikt reglementiert, der boarding pass demokratisiert. Jeder kann, darf und tut es: fliegen. Für 29 Euro zu einstigen Traumzielen, verspricht die Werbung. Das Erlebnis Reise hat freilich keinen Höhenflug genommen. Das beginnt bei der Buchung - in der "Dienstleistung ade"-Gesellschaft natürlich per Internet. Angeblich ist Fliegen billiger
"Zart statt hart" sollte er sein: der neue Mann. Das aber war gestern. Jetzt feiert man gerade die Rückkehr des guten (?) alten Machos, und neue Bücher empfehlen diktatorisch "Stirb, Susi". Der feminine Mann hat ausgedient. Hat er das?Sagen wir so: Der narzisstische Metrosexuelle, der den neuesten Helmut-Lang-Anzug im Café ausführt, hektisch auf seinem Palm herumtippt und uns von seinem unendlichen Stress erzählt - den finden Frauen immer uninteressanter. Hoffentlich. Aber jene raren Goldstücke, die sich neben ihrer Karriere auch noch um die Mathematik-Aufgaben der Kinder kümmern und
Wie viel Zuwanderung verträgt ein Land? Und wie viel braucht es? In Zeiten zunehmender Kriminalität und fehlender Jobs ist es nicht unverständlich, dass sich die trotz ihrer Budgetdefizite noch immer reichen europäischen Länder nach außen abschotten wollen. Die heimische Regierung setzt daher auf das populäre Thema "Sicherheit" und will die Quoten für Einwanderer senken. Aber kann der erwünschte spätere Pensionsantritt tatsächlich die Arbeit kompensieren, die wir nur allzu gern an Immigranten - zum Teil natürlich am Schwarzarbeitsmarkt - weitergeben?Österreich wird bestimmt seine
Als die einstige SP-Frauenministerin Helga Konrad "halbe/halbe" kampagnisierte, erntete sie dafür ziemlich viel Hohn. Doch erstens war der Slogan ziemlich pfiffig, und zweitens ist überhaupt nicht geklärt, was die Hälfte vom Ganzen ist. Manche Arbeiten im Haushalt werden wohl noch lange geschlechtsspezifisch verteilt bleiben: mit der Bohrmaschine Löcher produzieren, den Griller befeuern, fette Spinnen töten - das sind lauter männliche Domänen. Abgerissene Knöpfe annähen, mit den Kindern zum Arzt gehen, den Frühstückstisch abräumen - weniger heroische, daher weibliche
Lange galt die steirische Volkspartei als Denkfabrik der ÖVP. Doch in letzter Zeit nimmt dort das Querdenkertum leicht querulatorische Züge an.Da verwendet zum Beispiel der steirische VP-Landesgeschäftsführer Andreas Schnider offenbar mehr Zeit für Interviews, in denen er seiner Partei Unfreundlichkeiten ausrichtet, als für seinen Organisationsjob. Nach dem - inhaltlich interessanten, parteitaktisch problematischen - Kampf für Ganztags- und Gesamtschulen ist nun die Homo-Ehe, inklusive Adoptionsrecht, sein Kampfthema.Sekundiert wird er dabei vom steirischen Klubobmann Christopher
Morgen machen wir blau, weil heute Abend lassen wir die Sau raus: Je größer die Firma und je pragmatisierter der Arbeitsplatz, desto häufiger ist der geschwindelte Krankenstand. Die "Firma Österreich", sprich der öffentliche Dienst, ist davon besonders stark betroffen.Heuer hat sich eine kleine (Sommer-)Diskussion darüber entwickelt, ob der erste Krankenstandstag als Urlaub zu konsumieren ist, die Kärntner Wirtschaftskammer fordert das sogar für zwei Tage. Nun ist das Thema zwar schon ein alter Hut, und die Kammerwahlen werfen ihre Schatten voraus. Dennoch beinhaltet der
Die Bodenhaftung nicht verlieren: Das ist ein hehres, sehr häufig nicht erreichtes Ziel von Politikern, deren Job wenig Zeit für den ganz normalen, privaten Alltag lässt. Umso angestrengter bemüht man sich, Volksverbundenheit zu zeigen. Ergo verbringen unsere Spitzenpolitiker ihren Sommerurlaub angeblich ausschließlich in Österreich, und der Bundespräsident reist zu den Bregenzer Festspielen sogar per Zug an. Die neue Salzburger Landeshauptfrau hat das Galadiner zur Eröffnung der Salzburger Festspiele gestrichen und auf Stehempfang umgestellt. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat,
"Mir ist so faaaaad." Komisch, dass man das nicht einmal mehr im höchsten Hochsommer von Kindern hört. Und eigentlich auch ein bisschen traurig. Eine boomende Branche lebt davon, den Nachwuchs immer bei Laune zu halten. Die Ferien vieler Mittel- und Oberschichtkinder sind so detailliert durchchoreografiert, dass für Langeweile einfach keine Zeit mehr bleibt: eine Woche Tennis- oder Segelcamp, danach Sprachferien, gefolgt vom Cluburlaub, wo Jugend-Animateure die Betreuung übernehmen, und kurz vor Schulbeginn noch schnell eine Lernwoche zur Unterrichtsstoff-Auffrischung.Das ist übrigens
Sorry, Silver-Surfers: Für Marketingleute seid ihr uninteressant. Die "werberelevante Gruppe" ist nämlich zwischen 14 und 49 Jahre alt. Junggemüse unter dieser Altersgrenze kann wenigstens seine Eltern bewegen, ihm das neueste Handy zu schenken. Doch darüber sind nur noch Herr und Frau Komposti anzutreffen. Oder?Ja sind Werbemenschen eigentlich blind? In den schicken zweisitzigen Cabrios sitzen die flotten 55-Jährigen, die sich über die "Empty-Nest"-Phase mit einem Trekking-Urlaub in Nepal hinweg trösten. Viele von ihnen können sich Markenschuhe, Nobeluhren und Immobilien leisten, die
Die von Jörg Haider einst als "Altparteien" titulierten Großparteien sind unschick geworden. Das aber nützt nicht den Freiheitlichen, sondern den Grünen. Deren Aufstieg ist mit der Ablehnung klassischer Parteipolitik eng verbunden. Denn sie sind ideologisch so weichgespült, dass sie für alles stehen können, was derzeit als richtig erkannt wird.Der Grün-Wähler findet gute Luft klasse, vor allem dann, wenn er sie im Cabrio genießen kann. Er/Sie meint, dass Zuwanderer besser behandelt werden müssen, wohnt aber tunlichst weit weg von ihnen. Grün wählen heißt gegen Abfangjäger, gegen
Die USA sind in Europa derzeit schwer aus der Mode. Dennoch schreitet die Amerikanisierung heimischer Städte stetig voran. In Österreich übrigens noch mehr als anderswo. Das bedeutet: Verödung innerstädtischer Gebiete, Shopping- sowie Büro-Konglomerate im Niemandsland, und ein unkontrolliert wachsender "Speckgürtel" rund um die Städte, der die Geschmacklosigkeit vieler Bewohner und das Raumplanungsdesaster der Politik offenbart.Da hat Österreich mit der "Shopping City Süd" angeblich die größte Einkaufsmeile der Welt. Doch das grenzenlose Einkaufsvergnügen wird mit
Er hatte trotz seiner ebenso aparten wie intelligenten Frau jede Menge Affären, er litt gleich an mehreren (verschwiegenen) Krankheiten, und er rüstete sein Land auf wie nie zuvor. Trotzdem war John F. Kennedy das Idol einer ganzen Generation. Das lag nicht nur an seinem frühen, gewaltsamen Tod, der ihn "forever young" machte, sondern daran, dass sein Mythos zu Lebenszeit nie durch die Medien gebrochen wurde.Die Politiker der sechziger Jahre durften noch ungeniert unmoralisch sein. Das hat sich seither gründlich geändert. Parallel dazu ist von allen Seiten die Klage zu vernehmen, dass es
Journalismus kann ganz schön hart sein, wenn Politiker partout keine vernünftige Antwort geben wollen. Härter ist da nur noch der Job des Politikers, wenn der Frager zum Rambo wird. Und das ist immer häufiger der Fall. In der heimischen Medienszene werden jene Journalisten als Helden beklatscht, die Interviews gern als eine Art Freistilringen vorführen, bei dem einer von beiden k.o. vom Platz wankt.Das mag manchmal amüsant und bei allzu durchsichtigen Ausweichmanövern sogar angebracht sein, doch letztlich ist der Newswert solcher Schaukämpfe gleich Null. Ganz abgesehen davon haben sie
Ist das Lächeln zu breit, der Rock zu kurz, das Kostüm zu bunt? Politikerinnnen werden weit schärfer betrachtet als ihre männlichen Kollegen. Wurde jemals diskutiert, ob die Haartolle Heinz Fischers in den Siebzigern steckengeblieben, das Freizeitgewand des Bundeskanzlers von gestern und so manches Hemd von Jörg Haider einfach nur jenseits ist? Kein Wunder, dass die deutsche CDU-Chefin Angela Merkel mittlerweile am liebsten schwarze Anzüge plus strenge Herrenschuhe trägt. Über ihre Frisur wurde phasenweise mehr diskutiert als über ihre Politik. Mit solchen Nebenthemen kann man
"Wo sind die Kinder?", fragt die Zeit in einer mehrteiligen Serie. In Österreich stellt man sich diesem Thema kaum. Dabei ist es genauso brisant wie beim großen Nachbarn. In Umfragen geben Jugendliche noch an, später einmal zwei Kinder haben zu wollen. Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen immer häufiger auseinander. Die Folgen sind dramatisch: Schulen wird man aufgrund des Kindermangels schließen müssen, Geburtskliniken werden schon jetzt zu geriatrischen Abteilungen umgewidmet. Die Menschen müssen länger als heute für eine geringere Pension arbeiten. Kindermangel vernichtet das
Müssten die Österreicher einen Politiker auswählen, den Sie auf die sprichwörtliche "einsame Insel" mitnähmen, würden sie Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zum Reisegefährten küren. Diese wertvolle Erkenntnis verdanken wir seit letzter Woche dem Salzburger Institut für Grundlagenforschung. Der grüne Professor hat ein Umfragehoch, seit er im Zuge einer längeren Krankheit im Sommer völlig aus Funk, Fernsehen und Print verschwand. Noch jetzt wirkt es so, als wären ihm Interviews ein Gräuel und die Festlegung auf eine ideologische Linie Qual.Mag sein, dass es Ausdruck der
Dieser Präsidentschaftswahlkampf wird sich noch ziehen, soviel ist gewiss. Bisher wurden so bedeutende Themen wie "Amtsvilla - ja oder nein?" diskutiert. Langzeitpolitiker Heinz Fischer tritt gegen die Diplomatin und Kurzzeitpolitikerin Benita Ferrero-Waldner an. Das Rennen um einen Posten mit hohem moralischen Anspruch und - wie vom Amtsinhaber eindrucksvoll vorgeführt - praktisch minimaler Macht ist eröffnet.Eine ketzerische Frage: Wie wäre es gewesen, wenn sich SPÖ und ÖVP auf einen gemeinsamen Kandidaten, zum Beispiel Heinz Fischer, geeinigt hätten? Da geht es nicht in erster Linie
Manchmal würde es nicht schaden, einige Stereotypen in der politischen Diskussion Österreichs zu hinterfragen. Drei derzeit besonders beliebte sind: die französische Familienpolitik ist nachahmenswert, das britische Gesundheitssystem dafür gar nicht, und von amerikanischen Schulen wenden wir uns mit Grausen ab.Ja, es stimmt, in der klassischen französischen Familie hat man drei Kinder - und nicht nur ein bis zwei. Die öffentliche Betreuung ist gut ausgebaut und das dritte Kind vom Staat besonders hoch subventioniert. Die Kehrseite: Nach wenigen Wochen Mutterschutz gehen Eltern wieder
Timberlandschuhe, Hose von Replay, Gap-T-Shirt: Fertig ist der Schüler - und zwar keineswegs nur in der Oberschicht. Teile schicker Billigketten wie H&M oder sogar ein Flohmarkt-Täschchen dürfen dabei sein. Schließlich ist Mix & Match erwünscht. Man ist ja schließlich nicht nur Markentrottel. Oder doch? Der Druck auf Eltern, teure Kleider für den Nachwuchs anzuschaffen, ist enorm gewachsen. Wer sich nicht die Jeans leisten kann, die in der Klasse gerade angesagt sind, gilt quasi als armutsgefährdet.Aus diesem Dilemma gibt es nur einen Ausweg: das Revival der zu Unrecht schwer
Was geschieht, wenn ein österreichischer Politiker monatelang mehr oder weniger von der Bildfläche verschwindet? Ganz einfach: Er steigt in der Gunst der Menschen. Schwarz auf weiß bestätigt vom Meinungsforschungsinstitut OGM. Demnach konnte Grünen-Chef Alexander Van der Bellen in der Beliebtheitsskala deutlich zulegen - übrigens ebenso wie der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer.Letzterer hat offenbar schon den Bonus des potenziellen Staatsoberhauptes. In den Augen der Wähler soll die Hofburg salbungsvoll, unverbindlich und - langweilig sein. Passt genau. So gesehen würde sich
Er geisterte soeben durch die heimische Medienlandschaft: der Metrosexuelle. Nie gehört? Also, dieser "neue" Männertypus ist überaus gepflegt, manikürt, manchmal sogar geschminkt, sorgfältig gekleidet und verwirrt damit Homosexuelle, obwohl er selbst ein Hetero ist. Dazu passt die Meinung von Modedesigner Wolfgang Joop, der im jüngsten Profil feststellt: "Natürlich ist der Mann heute eine traurige Figur."Ist er das? Es stimmt, Frauen überflügeln Männer im Bildungswesen. Sie erheben Anspruch auf den Chefsessel. Sie tragen Boss-Sakkos und machen ihn in einer beim weiblichen Publikum
Merkwürdige Warenwelt: Ringsum hängen die Bäume voll Marillen, doch in die heimischen Supermärkte verirren sich die süßen Früchte nie. Vor zwei Wochen, als es - je nach Kette - spanische, italienische und serbische Marillen zu kaufen gab, dachte man noch: Vielleicht sind die unsrigen ja noch nicht reif. Jetzt sind sie überreif - doch im Obstregal liegen griechische Früchte und ein paar französische "Aprikosen". Die heimische Ernte landet vor allem in der Industrie oder verfault am Baum.Gibt es hierzulande insgesamt zu wenig Früchte, um für die Einkäufer der marktbeherrschenden
Ein Land befindet sich in Geiselhaft. Die österreichische Bundesregierung hängt von Jörg Haiders Gnaden und seinen rasch wechselnden Launen ab. Will er sie sprengen, wird ihm das wohl gelingen. Auch bei den Blauen wartet man mittlerweile sehnsüchtig auf die NachHaider-Ära, die mit einem schlechten Abschneiden in Kärnten nächstes Jahr eingeläutet werden könnte.Davor wird der Herr Landeshauptmann aber noch jede Menge Bocksprünge absolvieren und möglicherweise gar nicht selbst als Spitzenkandidat antreten. Denn der Nimbus des Erfolgreichen wäre dann dahin. Macht er weiter wie bisher,
Nach einer 15-stündigen Nachtsitzung ernten Werktätige üblicherweise Mitleid. Nicht so Politiker - sie sind unbeliebter denn je, man misstraut ihnen zutiefst. Sind Politiker zu gut bezahlt? Derzeit werden gerade ihre Spitzenpensionen angeprangert. Wahr ist aber, dass dies sozusagen "Altlasten" sind. Für jüngere Politiker gilt das 1997 reformierte System. Fix ist außerdem, dass Politpensionisten einen Solidarbeitrag zur Rentenreform leisten werden. Doch weil dies erstens zu spät kommt und zweitens von peinlichen Pannen begleitet war, wird es wohl niemals honoriert.Warum müssen sich
14 Tote an einem einzigen Wochenende - wenn das kein Grund zur Panik wäre? Ist es aber nicht. Der heimische Osterverkehr hat seinen Tribut gefordert, und alles geht achselzuckend seinen gewohnten Gang weiter. Aber beobachten Sie mal, was passiert, wenn in einem überfüllten Kaufhaus ein asiatisch aussehender Mensch niest. Hilfe, in Deckung! SARS! Weltweit wurden bisher 318 Tote durch die neue "atypische" Lungenkrankheit registriert. Daraus hat sich ein Medienhype entwickelt, der in weiterer Folge eine Wirtschaftskrise im asiatischen Raum verursacht. Die Folgen werden dort noch spürbar sein,
Das Nulldefizit fand bei den Österreichern ursprünglich großen Anklang. Aber jetzt, da es ans Eingemachte geht, herrscht das Florianiprinzip: Bei allen anderen könne gespart werden - aber ganz sicher nicht bei den Museen, den Schulen, der Bildung, bei den Pensionen, im Gesundheitswesen...Doch die europäische Normalität holt Österreich trotzdem ein, auch wenn diverse Lobbys davor gerne die Augen verschließen. Bisher leistete sich der Staat zum Beispiel ein dick gepolstertes Pensionswesen - und ließ flotte Fünfzigjährige in den frühen Ruhestand treten. Die Rechnung dafür wird nun
Wer glücklicherweise nur ganz selten zu stockfinsterer Morgenstunde auf den heimischen Straßen unterwegs sein muss, wundert sich sehr über die herrschende Betriebsamkeit. Österreich ist das Land der Frühaufsteher. Um sechs geht man mit dem Hund Gassi, um sieben kommen die Handwerker, und die Schule beginnt spätestens um acht - früher als anderswo. In Spitälern werden Patienten zu einer höchst ungesunden Zeit - nämlich zwischen sechs und sieben - aufgeweckt: Krankenschwesternschichtwechsel, was auch Ärzte zu einem Arbeitsbeginn um sieben zwingt. Folgerichtig wird schon um 17 Uhr die
Auch Erwachsene brauchen Spielzeug - und Politiker ganz besonders. Sitzen sie doch in schier endlosen Sondierungsverhandlungen, Tagungen und Enqueten. Wer diese (teilweisen Leer-)Zeiten effizienter nutzen wollte, fiel bisher negativ auf: Schlafen, telefonieren oder geräuschvolles Tippen in den PC, während der dritte Landtagspräsident parliert, wirkt einfach provokant.Doch die Computerindustrie hat schon unauffälligere Alternativen parat: Wenn also Finanzminister Karl-Heinz Grasser vordergründig fleißig mitschreibt, muss das in Wirklichkeit rein gar nichts mit der laufenden Veranstaltung
Wann haben Sie das letzte Mal richtige Stille wahrgenommen? Selbst weit weg von jeder Stadt ist der Lärm noch da - und sei es nur als leises Brausen einer fernen Autobahn. Der Krach hat mittlerweile jede Ritze unserer Zivilisation erreicht - nicht nur Eltern pubertierender Kinder, deren Wohnung unter den Bässen einer nicht weiter erwähnenswerten Discoqueen erzittert. Das muss sein und gehört zum Erwachsenwerden dazu. Aber alles andere?In der U-Bahn erklingen sämtliche Klassiker der E-Musik - aber leider als Handy-Klingelton. Man ist anschließend gezwungen, einer naturgemäß recht
Was haben Erdbeeren im Winter und deutsche Aktionsbutter in heimischen Läden gemeinsam? Dass sie uns letztlich teuer zu stehen kommen.Wäre Umweltzerstörung im unbegrenzten Wirtschaftsraum EU ein Kostenfaktor, müsste manches viel mehr kosten. Äpfel aus Südafrika, Kartoffeln aus Zypern, Paprika aus Spanien, Gurken aus Holland, Steaks aus Argentinien, Käse aus Frankreich und Joghurt aus der Schweiz: Wir haben uns daran gewöhnt, immer alles jederzeit zur Verfügung zu haben. Der Preis dafür ist jedoch hoch, siehe Transit. Österreich prangert dafür gerne die EU an. Natürlich kann man
"Was sollen wir bloß Euren Kindern schenken?" fragen ratlose Großeltern, Tanten und Taufpaten die Eltern halbwüchsiger Sprösslinge regelmäßig vor Weihnachten. CDs? Brennen sie sich am Computer selbst. Bücher? Bloß nicht, Lesen empfinden sie als Strafe. Gesellschaftsspiele? Nur wenn sie keinerlei pädgogischen Nutzen ausstrahlen (Scrabble für Rechtschreibschwächlinge: gute Idee, aber miese Resonanz bei der Zielgruppe).Hingegen ist das ganze Arsenal elektronischen Spielzeugs willkommen. So wird das Christkind heuer wohl viele CommuniCams, DVDs, Playstation-Spiele, Gameboys und Handys
Mozart war eine Art Popstar, dem die Massen huldigten und der mit seiner Kunst viel Geld verdiente (und wieder verspielte). Nestroy kritisierte seine Gesellschaft lustvoll, aber hatte das Ohr am Volk. Es mag ketzerisch und reaktionär klingen: Aber viele heimische Künstler und Intellektuelle gefallen sich derzeit vor allem in der Pose völlig entrückter Poeten, deren mangelnde Bodenhaftung durch möglichst großzügige Kulturförderungen ausgeglichen werden soll. Am besten durch ein eigenes, selbstverständlich rot-grünes Kunstministerium.Keine Frage: Kunst darf alles, ist Avantgarde und
Ein ORF-Moderator, der Spitzenpolitiker vor Wahlen interviewt, steht unter scharfer Beobachtung: Fragt er (seltener: sie) zu aggressiv oder zu defensiv, lässt er sich mit Phrasen abspeisen, hat er das Falsche an? Ein Job, in dem man oft gescholten wird.Doch neuerdings sind seltsamerweise alle zufrieden - mit Elmar Oberhauser, der die Rolle des Moderators bei den TV-Konfrontationen so gut wie gar nicht wahrnimmt: Eine Einstiegsfrage samt kurzer Nachfrage, dann lehnt sich der Sportchef zurück, um den Spitzenkandidaten teilnahmslos zuzuschauen. Seine einzigen Zwischenrufe bestehen fortan im
In Zeiten, in denen sich die USA auf einen kaum nachvollziehbaren Krieg gegen Saddam Husseins Irak vorbereiten, mag es sonderbar klingen - trotzdem: Wären wir Österreicher doch ein wenig amerikanischer! Nein, nicht noch mehr McDonalds, Starbucks & Co. Doch ein bisschen mehr amerikanische Lebensphilosophie würde gar nicht schaden. Sagen wir fünf Prozent.Wer als Österreicher in den USA unterwegs ist, dem fallen zum Beispiel die vielen älteren Arbeitnehmer auf: im Service, als Bus-Chauffeure, als Stewardessen. Bei uns wären sie schon längst in Pension. Natürlich, jenseits des Atlantiks
Zu den unerforschten Phänomenen der Menschheit zählt die "Erste-Reihe-Phobie". Man betrete einen überfüllten Saal mit freier Platzwahl und wird fast immer noch leere Sessel entdecken: ganz vorne. Mag sein, dass die Scheu, dort Platz zu nehmen, mit kollektiven schlechten Erfahrungen zu tun hat. In der Schule müssen die Schlimmen dort sitzen. Im Krieg war die vorderste Front die gefährlichste. Und im Grunde ist es nicht einmal ratsam, im Theater in der ersten Reihe Platz zu nehmen. Das Risiko, auf die Bühne gezerrt zu werden und den Dodl geben zu müssen, ist recht groß. Dieses Geschäft
Wer mit der Badner Bahn vom Wiener Karlsplatz nach Baden fährt, der sieht vor allem eines: zerstörte Landschaft. Und auch wenn Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll nicht müde wird, auf die bestens funktionierende Pröll-Häupl-Achse hinzuweisen, so sieht man dieser Gegend exemplarisch das völlige Fehlen überregionaler Politik an. Da endet die U-Bahn an der Stadtgrenze, und es gibt null Chance auf Verlängerung in den so genannten "Speckgürtel" rund um Wien. Sturheit hüben und drüben.Warum auch sollte Wien Kaufkraftabfluss und Stadtflucht unterstützen? Niederösterreich lockt zwar
Es gibt keinen Grund, ihr gerührt nachzuweinen - aber auch keinen, ihr schadenfroh nachzuspucken. Der Abschied hat Susanne Riess-Passer paradoxerweise mehr Achtung als ihre Sachpolitik eingebracht, aber auch eine Menge frauenfeindlicher Nachrufe. Und das ausgerechnet von Geschlechtsgenossinnen, die sie taxfrei zur doofen Tussi gestempelt haben. Das ist nicht besonders schwierig, man braucht die Vizekanzlerin nur - wie Barbara Coudenhouve-Kalergi oder die ehemalige Feministin der Nation, Eva Deissen - in öffentlichen Kommentaren "Susi" schimpfen, was als bewusste Abwertung einer weiblichen
Männer sind vom Mars und Frauen von der Venus. Diese Erkenntnis setzt sich schön langsam durch. Nur einer hat das noch nicht begriffen: Jörg Haider, der (von allen guten Geistern) Verlassene. Frauen schätzen es zum Beispiel sehr, wenn man mit ihnen spricht. Ein Ausflug in den Irak mit Diktatoren-Handshake hie, ein Treffen mit ultrarechten Parteien da - Riess-Passer erfuhr von beiden Haidereien erst im Nachhinein.Ist es Spieltrieb? Landeshauptmann ist vielleicht kein abendfüllender Job, da ist es durchaus möglich, in Wien ein wenig die Karten zu mischen, auch wenn man irgendwann "Ich bin
Müssen Politiker lügen? Sie tun es jedenfalls. Denn der Wähler mag keine differenzierten Botschaften. Je näher Wahlen rücken, desto mehr wird geschummelt.Das hat zuletzt Grünen-Chef Alexander Van der Bellen unangenehm am eigenen Leib verspürt. Mit dem Bedauern, "kommunikationstechnisch nicht perfekt" gewesen zu sein, hat er seine vernünftige, innerparteilich aber heftig abgelehnte Äußerung zurückgezogen, wonach man billige, gebrauchte Abfangjäger "zähneknirschend akzeptieren" könne, sollten sie für einen neutralen Staat rechtlich notwendig sein. Damit hat er gegen die Grundregel
Guter Rat ist teuer. Heute übrigens mehr denn je. Denn die Ratgeberindustrie boomt. Wie man zu einem Märchenprinzen kommt und wie man ihn wieder los wird. Wie man selbstsicherer, erfolgreicher, schöner, mächtiger, schlanker oder sportlicher wird - all das brüllt uns aus Inseraten und Buchhandlungs-Auslagen entgegen.Kirche und Familie, aber auch Firmenbosse haben als moralische Autoritäten ausgedient. Auch auf die eigene Persönlichkeit scheint kein Verlass mehr zu sein. Jetzt sind selbst ernannte Gurus gefragt, die teils mit fragwürdigen Methoden arbeiten. Aber die narzisstische
Es kommt selten etwas Besseres nach: Diese alte Volksweisheit wurde jetzt auch wissenschaftlich bestätigt. "Trennen Sie sich nicht, stehen Sie die Krise durch", appellierten Forscher der Universität Chicago kürzlich an scheidungswillige Paare. Denn ihre Langzeitstudie hat ergeben, dass geschiedene Menschen Jahre später im Durchschnitt keineswegs glücklicher sind als jene, die trotz gravierender Beziehungsprobleme durchgehalten haben.Doch in Zeiten, da Wahlfreiheit und Konsum in wirklich allen Lebensbereichen als oberste Ziele erscheinen, wirkt der Rat der Wissenschafter seltsam
Wenn Werber ein in die Jahre gekommenes Produkt von Biederkeit befreien wollen, dann versehen sie es gern mit aufgekratztem Englisch. So verwandelt sich beispielsweise ein simpler Sprudel in "Mineralwater", das die Kundschaft mit der Botschaft "For a better you" verblüfft. Die Konkurrenz schläft nicht und gießt "Balance Body" ins Glas. Selbst der gute alte Spitz-Fruchtsaft mutierte unlängst zum ultracoolen "Water Mix".Das alles ist jedoch nichts gegen ein grellrot verpacktes Kinderjausen-Würstchen in Brothülle mit der marktschreierischen Ami-Bezeichnung "Crazzy Doggg". "Great Taste
Nehmen wir an, Sie entdecken in der Wiener Zeitung die Ausschreibung für eine hohe Position in einem staatsnahen Bereich. Wären Sie als gelernter Österreicher wirklich so naiv, sich zu bewerben?Die Ausschreibung öffentlicher Posten ist schlicht eine Farce. Vorher wird ausgepackelt, dann eine punktgenau maßgeschneiderte Ausschreibung formuliert und im Zuge des "Verfahrens" vielleicht sogar noch eine Personalberatungsfirma um gutes Geld bemüht. Genau so ist es bei der neuen Pensionsversicherungsanstalt geschehen. Ein Schwarzer (Wetscherek) und ein Blauer (Gaugg) entpuppten sich -
Er wolle nicht wie ein "Muppet" in die Show hineinkeppeln, hat Ex-ORF-Generalintendant Gerhard Weis in einem Interview auf die Frage gemeint, ob er sich zur aktuellen Lage im ORF äußern wolle. Eine weise Entscheidung. Andere hingegen spielen mit Inbrunst die Rolle der skurrilen Puppenshow-Opas, die vom Balkon aus ätzende Kommentare abgeben. Aktuelles Beispiel dafür ist der frühere Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herbert Krejci. Er würde gerne "etwas in den Fernsehschirm hineinwerfen", wenn die beiden Koalitions-Klubobleute auftauchten, polterte er in einem viel beachteten
Wenn es stimmt, dass sich gesellschaftliche Strömungen in der Werbung manifestieren, dann ist eines fix: Um die Männer ist es schlecht bestellt. Überflüssig herumlümmelnde Exemplare werden von lässigen Frauen "wisch und weg" beseitigt, machen sich vor der Angebeteten zum Affen, in dem sie in ein geschlossenes Peugeot-Cabrio springen und werden auch sonst werbetechnisch gerne heruntergedodelt.Das weibliche Imperium schlägt nach Jahrzehnten erniedrigender Waschmittel- und Fruchtzwergewerbung (ohnehin nicht flächendeckend) zurück. Doch steht mittlerweile nicht "die Männlichkeit selbst
Zählen Sie schon zu den "Slobbies" - den "Slower but better working people"? Verzeihung, welch naive Frage. Wer sich nicht im Dauer-Megastress befindet, ist Arbeitgebern und Freundeskreis verdächtig.Es ist paradox: Wir sind umgeben von Zeitspar-Maschinen, und dennoch scheinen gerade sie das Leben anstrengender gemacht zu haben. Weil alle ins Auto steigen, steht jeder im Stau. Handy und Computer sind zur unsichtbaren Nabelschnur zum Büro geworden. Das E-Mail-Fach ist voll, der Briefberg mysteriöserweise trotzdem nicht kleiner. Und am Privat-PC daheim verrinnt die Zeit wegen irrationaler
Sie habe sich, so bekennt ausgerechnet eine Ärztin in einem dieser verwechselbaren heimischen Hochglanzmagazine freimütig, ihren Bauchspeck einfach wegoperieren lassen. Für eine Diät fehle ihr einfach die Zeit, das würde außerdem ihren schönen Busen ruinieren.Der Körperkult treibt dekadente Blüten. In den USA ist es längst üblich, dass reiche Upperclass-Damen jenseits der 50 dem ewigen Barbiepuppen-Look frönen. Ein wenig Nervengift zwischen die Brauen gespritzt - das lähmt den Muskel und beugt unschönen Falten vor. Gepolsterte Lippen, maßgeschneiderte Oberschenkel, tätowiertes
Man müsste eine Gerontokratie einführen und Ämter nur an Elder Statesmen verteilen", sagte kürzlich Lothar Höbelt, Historiker und FPÖ-Berater.Man kann über den Mann geteilter Meinung sein, aber dieser Punkt (den er eigentlich nicht ganz ernst gemeint hat) ist durchaus diskussionswürdig. Hat doch der Jugendwahn nicht nur die FPÖ erfasst, siehe ORF: Seit Jahren werden Moderatoren weniger nach intellektuellen Fähigkeiten, sondern nach stromlinienförmigem Äußeren und Jugendlichkeit auserkoren. Das schmälert zwar leider ihre Überzeugungskraft bei den übrigens mehrheitlich älteren
Wie hieß der berühmteste Einfaltspinsel der deutschen Literatur? Oje, zur Matura haben wir's noch gewusst. Das Schulwesen scheint eine große Zeit-Totschlagmaschine zu sein. Nur leider hat noch niemand eine bessere Alternative gefunden.Hans Magnus Enzensberger hat einmal sinngemäß gemeint: Jede Sprache sei in wenigen Monaten zu erlernen, außer man geht in die Schule. Der Unterricht ist nach wie vor in 50-minütige Häppchen zerhackt, bei dem Zuhören wichtigstes Kriterium ist. Kaum ein Fach ist mit dem anderen inhaltlich vernetzt. Und bis in die höchsten Schulstufen sind Kinder vor allem
Entweder Sie haben einen oder Sie brauchen einen: den Coach nämlich. Für den sicheren rhetorischen Auftritt zum Beispiel, für persönliches Styling und berufliches Fortkommen.Berater haben Hochkonjunktur und sind speziell aus der Politik nicht mehr wegzudenken. Wer wie ein Maschinengewehr Journalistenfragen nicht beantwortet, muss das irgendwo gründlich gelernt haben. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer gilt als Paradebeispiel für diese ausgefeilte Technik. Fehlt nur noch ein Stylingberater, der sie vor Fashion Victim-Auftritten rettet. Latex-Röcke, Schuhverirrungen, ultrabreite
Die Umstellung auf neue Euro-Preise ist gelaufen. Was kostet jetzt Ihre Putzfrau? Sieben Euro 27 Cent pro Stunde (wie bisher)? Oder aufgerundete acht Euro?Schließlich darf's auch bei den Nachhilfestunden für den Nachwuchs ein bisserl mehr sein. Die Friseurin auf Hausbesuch und der Masseur um's Eck haben ebenfalls bereits höhere Preise. Während die Putzmittel im Großmarkt angeblich abgerundet wurden - um wenige Groschen -, sind Dienstleistungen seit Silvester um viele Cent teurer geworden.Beim Trinkgeld wiederum fehlt uns jetzt der Zwanziger. Zwei Euromünzen wirken lumpig, auch wenn sie
Staatstragend rot-weiß-rot umrahmt, eine "Entschuldigung", vier Zeitungsspalten breit: Das war Ende Dezember der vorläufige Höhepunkt einer Limonaden-Werbekampagne. Die bezahlte Anzeige von "Echt Holler" richtete sich an den Bundespräsidenten, dessen Kanzlei angeblich gegen die Ausstrahlung einer Radiowerbung der Firma im ORF interveniert hatte.Unerhörtes war geschehen. Werbetexter ließen von einem Diplomatentreffen berichten, in dem einige Gäste den erwähnten Hollersaft in Champagnergläsern genossen hätten. Der Bundespräsident habe sich besorgt gezeigt und vor einem Verlust der