Arbeit statt Familie

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"Wer arbeitet denn hier noch?" fragt der Chef im Werbespot angesichts eines hell erleuchteten Bürofensters in finsterer Nacht. "Den muss ich mir merken, tüchtiger Mann", meint er sodann. Die Ironie: Der Angestellte lässt bloß täglich das Licht brennen, obwohl er wie alle anderen heim geht.

Das Dumme ist nur: Im wirklichen Leben denkt man in Chefetagen ähnlich antiquiert. Lange Anwesenheit, ständige Verfügbarkeit, Lust an abendlichen Endlos-Sitzungen oder zumindest auf ein Bier mit Kollegen nach Büroschluss gilt als Qualitätskriterium. So eine Firmenkultur hemmt den Aufstieg von Menschen, die sich den Luxus eines Privatlebens leisten wollen und erschwert speziell den Aufstieg von Frauen. Warum fragt eigentlich niemand, ob das Arbeitstier, das gern ewig im Büro hockt, nicht womöglich ineffizienter als andere ist oder einfach nur da bleibt, weil er/sie entweder gar kein Familienleben oder keinen Bock darauf hat?

Studien zeigen, dass ein stabiles Privatleben auch die Verlässlichkeit in der Arbeit erhöht. Wer ständig Nachtschichten einlegt, verliert den sozialen Anschluss, versteht auch in der Firma die Jungen nicht mehr und fällt allerspätestens in der Pension in ein tiefes Loch.

Neuerdings wird argumentiert, dass uns die Globalisierung dazu zwingt, Tag und Nacht zu arbeiten, weil sonst alle Jobs nach China oder Indien verschwinden. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Die Erzeugung von Schuhsohlen wird auch durch längeres Arbeiten nicht in Österreich bleiben. Intelligente Produkte und Dienstleistungen hingegen werden auch weiterhin im Inland nachgefragt. Dazu braucht's gebildete sowie effiziente Arbeitnehmer. Und die Abendsitzung kann ruhig auch in der Früh stattfinden.

Die Autorin ist Innenpolitik-Ressortleiterin der "Presse".

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