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Warum werden Politikerinterviews immer langweiliger? Erstens: Weil die Volksvertreter jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, damit es ihnen nachher nicht um die Ohren fliegt (Stichwort: "Party statt Kinder"). Zweitens: Weil sie immer besser gecoacht sind. Drittens: Weil die Autorisierungswut der Pressesprecher immer schlimmer wird.

Es hat sich eingebürgert, dass (Print-)Interviews vor Veröffentlichung vom Gesprächspartner abgesegnet werden. Dagegen wäre prinzipiell nichts einzuwenden, denn ein einstündiges Gespräch, gegossen in 150 Zeitungszeilen, bedeutet radikale Kürzung des Gesagten. Mittlerweile wird das Instrument der Autorisierung allerdings von den Sekretären zur Text-Weichspülung missbraucht. "Ja, i waaß eh, dass der Chef des g'sagt hat, aber wir wollen es trotzdem streichen, weil damit beleidigen wir den Herrn X", tönt es dann am anderen Ende des Telefons. Wonach umgehend wildes Feilschen ausbricht. Da soll dann ein neuer Zwischensatz eingefügt, dafür aber ein anderer Spruch gestrichen werden, weil das gedruckt jetzt eigentlich doch zu frech klingt.

Wissenschafter stehen Politikern hier übrigens um nichts nach. Jeder Satz, der halbwegs verständlich klingt, wird in der Autorisierung verkompliziert, damit er nicht unwissenschaftlich wirkt. Wobei sich meist diejenigen missverständlich zitiert fühlen, die rhetorisch besonders unterbelichtet sind.

Am unkompliziertesten sind meist die wirklich Großen. Als die Autorin dieser Zeilen vor Jahren den Naturwissenschafter Rupert Riedl nach einem sehr langen Gespräch fragte, ob er das zu einem Kurzinterview Zusammengefügte zwecks Autorisierung nochmals überfliegen wolle, fragte der verdutzt: "Wieso? Ist Ihnen fad?"

Die Autorin ist Innenpolitik-Ressortleiterin der "Presse".

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