Das Land der Frühaufsteher

Werbung
Werbung
Werbung

Wer glücklicherweise nur ganz selten zu stockfinsterer Morgenstunde auf den heimischen Straßen unterwegs sein muss, wundert sich sehr über die herrschende Betriebsamkeit. Österreich ist das Land der Frühaufsteher. Um sechs geht man mit dem Hund Gassi, um sieben kommen die Handwerker, und die Schule beginnt spätestens um acht - früher als anderswo. In Spitälern werden Patienten zu einer höchst ungesunden Zeit - nämlich zwischen sechs und sieben - aufgeweckt: Krankenschwesternschichtwechsel, was auch Ärzte zu einem Arbeitsbeginn um sieben zwingt. Folgerichtig wird schon um 17 Uhr die Abendmahlzeit verteilt. In romanischen Ländern, wo man vor 21 Uhr nicht an ein ernsthaftes Essen denkt, würde dies zu Recht als Zumutung empfunden werden.

Ist es das unerquickliche Wetter, das historisch zu früher Bettflucht geführt hat oder der österreichische Hang, schon am Nachmittag den Nebenbeschäftigungen nachzugehen? Sogar in Firmen, die internationale Kontakte pflegen, was üblicherweise ohnehin erst ab neun Uhr möglich ist, sitzt man (zu) früh am Schreibtisch. Im Gegenzug "erkaufen" sich die Österreicher Dienstschlüsse um 14 Uhr und/oder freie Halbtage. Fehlanzeige, wer Freitagnachmittag - speziell in den Bundesländern - noch jemanden erwischen will. Obwohl der Zug doch langsam in Richtung europäische Normalität fährt. Städtische Büros und Shops beginnen um neun oder sogar noch später.

Vielleicht gibt es auch in Österreich irgendwann Richter, die auch nachmittags noch im Amt anzutreffen sind und ganztägige Schulen wie in England, mit einer Fünftagewoche und Unterricht von neun bis fünf. Morgenstund' hat nämlich Gold im Mund - überhaupt, wenn man noch schlafen darf.

Die Autorin ist innenpolitische Redakteurin des "Standard".

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung