Allgemeinbildung, verzweifelt gesucht

Werbung
Werbung
Werbung

Wie hieß der berühmteste Einfaltspinsel der deutschen Literatur? Oje, zur Matura haben wir's noch gewusst. Das Schulwesen scheint eine große Zeit-Totschlagmaschine zu sein. Nur leider hat noch niemand eine bessere Alternative gefunden.

Hans Magnus Enzensberger hat einmal sinngemäß gemeint: Jede Sprache sei in wenigen Monaten zu erlernen, außer man geht in die Schule. Der Unterricht ist nach wie vor in 50-minütige Häppchen zerhackt, bei dem Zuhören wichtigstes Kriterium ist. Kaum ein Fach ist mit dem anderen inhaltlich vernetzt. Und bis in die höchsten Schulstufen sind Kinder vor allem mit jenem Stoff beschäftigt, in dem sie am wenigsten begabt sind. Seit ein Bildungsvergleich ergeben hat, dass die Finnen zumindest beim Lesen alle anderen abhängen, starren Experten Richtung Norden. Ist's die dortige Gesamtschule oder die strenge Lehrerauswahl? Aber vielleicht liegt es auch nur an einem simplen Detail: Die meisten Filme im finnischen TV sind nicht synchronisiert. Sie haben bloß Untertitel - ein ziemlich hoher Anreiz für kleine Finnen, möglichst bald lesen zu können. Und die Allgemeinbildung? Sie lässt sich weniger leicht international testen. Doch dass man ohne sie schnell zum "Simpelhuber" werden kann, führt die Millionenshow anschaulich vor.

Was macht sie denn aus, die "Allgemeinbildung"? Der deutsche Professor Dietrich Schwanitz versucht, darauf eine Antwort zu geben. Sein vom Ansatz her ziemlich arrogantes Buch "Bildung. Alles, was man wissen muss" ist ein Bestseller. Die Schwarte zu lesen, könnte locker Jahre auf der Schulbank ersparen.

Als Ergänzung empfehlen sich naturwissenschaftliche Kinderbücher: Sie sind fast immer besser als die eigentlichen Lehrbücher. Die Aufgabe der Schule ist somit einfach und gleichzeitig schwer: Sie muss einen Wissens-Grundstock schaffen, sollte aber vor allem Interesse wecken. Damit man später einmal nachschaut, wer Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen war. Er hat übrigens 1669 den Schelmenroman "Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch" verfasst. Der Deutschlehrer hat uns das sicher irgendwann einmal erzählt.

Die Autorin ist innenpolitische Redakteurin der Tageszeitung "Der Standard".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung