Guter Rat ist teuer. Heute übrigens mehr denn je. Denn die Ratgeberindustrie boomt. Wie man zu einem Märchenprinzen kommt und wie man ihn wieder los wird. Wie man selbstsicherer, erfolgreicher, schöner, mächtiger, schlanker oder sportlicher wird - all das brüllt uns aus Inseraten und Buchhandlungs-Auslagen entgegen.
Kirche und Familie, aber auch Firmenbosse haben als moralische Autoritäten ausgedient. Auch auf die eigene Persönlichkeit scheint kein Verlass mehr zu sein. Jetzt sind selbst ernannte Gurus gefragt, die teils mit fragwürdigen Methoden arbeiten. Aber die narzisstische Selbsterfahrungssucht kennt keine Grenzen. Trendsetter jammern zwar gern über die Ambulanzgebühr, liefern aber gleichzeitig für unsinnige Seminare an der Grenze zwischen Wellness, Küchenpsychologie und Esoterik ziemlich viel Geld ab. Der Woody Allen von heute sitzt nicht mehr beim Psychiater, sondern bespricht Büroprobleme mit seinem Trainer, der ihm erklärt, dass Macht nicht böse, sondern anstrebenswert ist.
"Das Geheimnis seines Erfolgs war die Chuzpe, mit der er das Nichts glamourös dekorierte", ätzte jüngst das Magazin Der Spiegel über den Pleite gegangenen deutschen "Motivationstrainer" Jürgen Höller, der jetzt natürlich gerade versucht, auch seinen Misserfolg zu vermarkten. Alles ist möglich. Firmen, die auf sich halten, müssen ihre Belegschaft gemeinsam über glühende Kohlen schicken oder ins Hochseil hängen - Panikattacke nicht ausgeschlossen.
Mag sein, dass Ulrich Strunz tausende Faulsäcke zu ranken Joggern gemacht hat. Möglicherweise ist auch nicht jedes für angehende Führungskräfte hinausgeschmissenes Geld. Aber irgendwann werden wohl Unternehmen wieder mehr auf die Fähigkeiten ihrer eigenen Manager vertrauen. Könnte sein, dass dann die Beraterindustrie ähnlich wie die Seifenblase "New Economy" ganz plötzlich platzt. Schließlich ist auch da ziemlich viel heiße Luft drinnen.
Die Autorin ist innenpolitische Redakteurin des "Standard".
