Studie statt Hausverstand

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Meine Bankfiliale lädt mich zu einem vorweihnachtlichen Besuch ein und lockt sogar mit dem Gutschein einer Parfümerie. Rührend. Denn in den letzten Jahren haben die Banken alles getan, um sich die Kunden vom Leib zu halten. Wer kein Internet-Banking beherrscht, gilt als Dinosaurier. Jeder Filialbesuch gestaltet sich mühsam: lange Warteschlangen beim Schalter, weil sich mit dem Bestreben nach nur virtuell anwesender Kundschaft offenbar ein großer Teil des Personals verflüchtigt hat. Wer noch den Mut hat, einen Erlagschein in der Bank auszufüllen, hat eine zehn Zentimeter breite Fläche neben dem Einwurfgerät zur Verfügung. Es soll hier ja nicht gemütlich sein.

Aber die mangelnde Bindung an die Filialen zeigt jetzt Folgen: Warum dann nicht gleich für sein sauer verdientes Geld die höheren Zinsen einer filial- und beraterlosen reinen Internet-Bank nutzen? Vor wenigen Tagen erschien nun die neue Studie des so genannten Management-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters "Accenture" - mit simpler Botschaft: Den europäischen Banken wird zu einer Renaissance der Filiale, besserer Servicequalität und Kundenberatung sowie einer "Simplifizierung des Angebots" geraten. "Der Kampf um den Kunden war bisher kein hervorstechendes Verhaltensmuster der europäischen Retailbanken", so die Kritik. Hat sicher viel Geld gekostet, diese Studie. Manchmal müssen große Firmen anstelle des fehlenden Hausverstands eben tief in die Tasche greifen.

Den Gutschein lasse ich übrigens verfallen. Wer ihn in der Filiale einlöst, muss seinen Namen preisgeben. Ein dokumentierter Bankbesuch? Wie peinlich!

Die Autorin ist Innenpolitik-Ressortleiterin der "Presse".

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