Frauen gegen Frauen

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Es gibt keinen Grund, ihr gerührt nachzuweinen - aber auch keinen, ihr schadenfroh nachzuspucken. Der Abschied hat Susanne Riess-Passer paradoxerweise mehr Achtung als ihre Sachpolitik eingebracht, aber auch eine Menge frauenfeindlicher Nachrufe. Und das ausgerechnet von Geschlechtsgenossinnen, die sie taxfrei zur doofen Tussi gestempelt haben. Das ist nicht besonders schwierig, man braucht die Vizekanzlerin nur - wie Barbara Coudenhouve-Kalergi oder die ehemalige Feministin der Nation, Eva Deissen - in öffentlichen Kommentaren "Susi" schimpfen, was als bewusste Abwertung einer weiblichen Führungsperson verstanden werden darf. Deissen erwähnte außerdem das "Schnattermündchen" Riess-Passers, und für Coudenhove war Riess-Passer schlicht "Sekretärin".

Wäre es umgekehrt akzeptabel, würde jemand Deissen als oberflächliche Plaudertasche denunzieren oder gar Coudenhouve-Kalergi als "Babsi" titulieren? Würden sie sich so ihre "Plappermäulchen" verbieten lassen? Ist es nicht eigentlich ziemlich primitiv, einen politischen Gegner auf diesem Niveau zu bekämpfen - noch dazu von jenen, die Frauensolidarität stets auf ihre Fahnen geschrieben haben?

Bei angsteinflößenden Powerfrauen scheuen Männer im Streitfall gerne die inhaltliche Auseinandersetzung und gehen unter die Gürtellinie. Davon können Politikerinnen ein Lied singen. So haben präpotente Uniprofessoren und naseweise Studentenvertreter in den Auseinandersetzungen um die Uni-Reform gern von der "Volksschullehrerin Liesl" geredet, wenn sie Bildungsministerin Gehrer meinten. Und die frühere rote Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg wurde von (männlichen) Karikaturisten ausführlichst mit all ihren Falten gezeichnet. Die Liste ist fortsetzbar. Deshalb haben sich Frauennetzwerke gebildet - unter anderem mit dem Ziel, sich wenigstens nicht gegenseitig in den Dreck zu ziehen. Alice Schwarzer würde das übrigens nie tun. Denn Frauenfeindlichkeit wird nicht besser, nur weil sie aus weiblichem Mund kommt.

Die Autorin ist innenpolitische Redakteuerin des "Standard".

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