Was wäre, hätte man den Sommer ohne Nachrichten aus Österreich verbracht? Alles wie gehabt: Die ÖVP hat sich mit ihrer Parteireform-Diskussion in so vielen Vorschlägen verheddert, dass das mathematische Mittel aus alldem eine Null ergibt - was aber niemanden zu erschüttern scheint: Die Volkspartei hält in Umfragen bei Platz eins, wenn auch ihre einzige Stärke in der Schwäche der Kanzlerpartei besteht.
Die wiederum behauptet, das Land sozialer zu machen, führt aber im wesentlichen den Budgetkonsolidierungskurs der alten Regierung weiter. Um diesen Eindruck zu verwischen, darf der "bunte Vogel" im roten Team, Sozialminister Erwin Buchinger, gelegentlich klassenkämpferisch krähen, was aber ohne politische Folgen bleibt.
Das Problem ist: Die ÖVP betreibt seit dem (Wahl-)Schock über Platz zwei zu viel, die SPÖ seit dem Schock über Platz eins zu wenig Selbstreflexion. Beide Parteien können sich nur dazu beglückwünschen, dass erst in drei Jahren wieder gewählt wird, denn wirklich gut aufgestellt sind sie noch nicht.
Auch die gemeinsamen Ziele dieser Regierung sind seltsam schwammig geblieben. Die Bildungsreform scheint derzeit in reinen Organisationsfragen stecken zu bleiben, die Gesundheitsreform bewegt sich als Spardebatte an der Oberfläche, und die Pflege in den eigenen vier Wänden ist entgegen anders lautenden Verkündigungen keineswegs gesichert, eher im Gegenteil. Die Stärkung des Forschungsstandorts ist eine Überschrift, Familienpolitik nur eine Kindergelddebatte, Ausländerpolitik überhaupt eine Baustelle und die Verwaltungsreform wegen Aussichtslosigkeit aufgegeben. Es ist zu befürchten, dass weder die Sommerpause noch der Papstbesuch neuen Schwung in diese Koalition gebracht haben.
Die Autorin ist Innenpolitik-Ressortleiterin der "Presse".
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