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Müssen Politiker lügen? Sie tun es jedenfalls. Denn der Wähler mag keine differenzierten Botschaften. Je näher Wahlen rücken, desto mehr wird geschummelt.

Das hat zuletzt Grünen-Chef Alexander Van der Bellen unangenehm am eigenen Leib verspürt. Mit dem Bedauern, "kommunikationstechnisch nicht perfekt" gewesen zu sein, hat er seine vernünftige, innerparteilich aber heftig abgelehnte Äußerung zurückgezogen, wonach man billige, gebrauchte Abfangjäger "zähneknirschend akzeptieren" könne, sollten sie für einen neutralen Staat rechtlich notwendig sein. Damit hat er gegen die Grundregel der grünen Opposition verstoßen, die da lautet: Wir sind strikt antimilitaristisch, solange wir nicht Regierungsverantwortung übernehmen müssen.

Eine häufige Lüge ist: Die Pensionen sind gesichert. Jeder weiß, dass weitere Reformen nötig sind und auch die Pensionshöhe selbst wahrscheinlich angetastet werden muss. Das heimische System ist besonders teuer. Schließlich entledigt man sich seit Jahrzehnten älterer Arbeitnehmer, indem sie in Frühpension geschickt werden. Womit die schöne Arbeitslosenstatistik natürlich auch Lug und Trug ist.

Noch beliebter als Lügen sind halbe Wahrheiten: Die SPÖ kritisiert das Kindergeld als krasse Verschwendung - verschweigt jedoch, dass im Familienfonds dafür genug Geld vorhanden ist, weil die Zahl der Neugeborenen dramatisch gesunken ist. Die FPÖ kündigt eine Steuerreform an - ohne dazuzusagen, dass sie bei anhaltender Rezession nicht leistbar ist. Und die Koalition bekundet, die Krankenkassenbeiträge nicht erhöhen zu wollen - doch in der nächsten Legislaturperiode wird daran kein Weg vorbei führen. Aber auch (ober)gescheite Kommentatoren sind vor Halbwahrheiten nicht gefeit, wenn sie etwa nach einem ausgabenseitigen Budgetsparkurs rufen. Genau dieselben werden es wohl empört kritisieren, wenn genau dafür Zigtausende Beamte in Frühpension geschickt werden (müssen). Es ist eben alles sehr kompliziert. Doch Fred Sinowatz, der das einst sagte, wurde zur Witzfigur. Dabei war es schlicht die Wahrheit.

Die Autorin ist innenpolitische Redakteurin des "Standard".

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