Der Mann, der zu viel wollte

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Die Politik ist voll von Männern, die zu viel wollen. Josef Höchtl nannten sie den "Möchtl", und das war nicht schlecht gesagt. Bei Männern, die zu viel wollen, kann die Substanz mit dem Ehrgeiz nicht mithalten, sie fühlen sich zu Ämtern berufen, von denen jeder außer ihnen selbst weiß, dass sie ihnen nicht gewachsen sind. Männer, die zu viel wollen, wirken insgesamt ein wenig peinlich, wie Firmlinge, die man in einen zu großen Anzug gesteckt hat, nur nicht so lieb.

Der ideale Politiker wäre natürlich der, welcher über seine Fähigkeiten und die damit korrespondierenden Ämter und Tätigkeiten Bescheid weiß, der sich bescheidet, wo es angezeigt scheint, und sich vor den Vorhang begibt, wo es notwendig ist. Sollte Ihnen einer von dieser Sorte bekannt sein, fotografieren Sie ihn und schicken Sie die Abzüge an die Magazine Science oder Nature, es könnte eine wissenschaftliche Sensation daraus werden.

An der Spitze der österreichischen Sozialdemokratie werkt derzeit ein Anti-Höchtl und Anti-Möchtl: Alfred Gusenbauer, der Mann, der zu wenig wollte. Ein kluger Kopf und angenehmer Gesprächspartner, der aber, wie es scheint, weder willens noch in der Lage ist, sich in die Niederungen der politischen Knochenarbeit zu begeben.

Die Kärntner Blau-Rot-Affäre hat es gezeigt: Da hat einer die richtigen Schlüsse aus einer korrekten Analyse gezogen - dass nämlich die Ausgrenzungsstrategie gegenüber der FPÖ für die Sozialdemokraten tendenziell selbstmörderisch ist. Um die Umsetzung hat er sich dann nicht mehr wirklich gekümmert. Das Ergebnis: ein Fiasko.

Man gewinnt den Eindruck, dass für Alfred Gusenbauer im Zweifelsfall Lebensqualität vor Erfolg geht. Ein netter Zug für einen Familienvater, aber ein k.o.-Kriterium für einen erfolgreichen Parteiführer.

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der "Presse".

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