Die fütternde Hand beißen

Werbung
Werbung
Werbung

Kritische Anmerkungen zur Frage, wie Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und was NGOs damit zu tun haben.

Kein größeres Unternehmen, das etwas auf sich hält, kommt noch ohne Nachhaltigkeitsbericht aus. Spenden und Projekte im Umwelt-und Sozialbereich werden wortreich hervorgehoben, Engagement für eine bessere Welt liegt im Trend.

Das sei auch gut so, sagt Andreas Baur, Sprecher von Global 2000. Denn vor allem durch die Globalisierung wachse die Verantwortung der Firmen. "Die Produktionsketten werden ja immer länger. Und wer hier T-Shirts aus China verkauft, ist auch dafür zuständig, wie es den Arbeitern dort geht." Nachhaltigkeitsberichte reichen ihm dabei als Beleg für das Engagement aber bei weitem nicht aus. "Da kann drinstehen, was das Unternehmen für richtig hält." Er bemängelt, dass es keine verbindliche Definition dafür gebe, was überhaupt nachhaltig sei. Zudem würden in einem solchen Bericht vorbildliche Bereiche hervorgehoben, die weniger nachhaltigen Tätigkeiten des Unternehmens dagegen ausgeklammert. Auch Selbstverpflichtungserklärungen der Firmen liefen Gefahr, mehr Schein als Sein zu sein. "Es gibt keine Sanktionen, wenn solche Erklärungen nicht eingehalten werden. Und überhaupt: Die Einhaltung wird ja gar nicht erst überprüft." Baur schlägt vor, ein Panel aus Investoren, Non-Profit-Organisationen und Konsumentenschützern einzurichten, das Nachhaltigkeitsberichte auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Vollständigkeit hin überprüft.

Auch Josef Weidenholzer, Präsident der Volkshilfe Österreich, sieht Bewegung in den Unternehmen. "Die meisten Firmen haben erkannt, dass sie auch soziale und ökologische Verantwortung haben", stellt er fest. Viele von ihnen kämen dieser Verantwortung unter anderem durch Kooperationen mit ngos nach, was Weidenholzer "im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung von Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen" auch für sinnvoll hält. "Die ngos müssen aber gut aufpassen, dass sie dabei nicht zum Feigenblatt werden." Denn eine ihrer Aufgaben sei es, den Finger auf Wunden zu legen, wenn sich Unternehmen entgegen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung verhielten. Oftmals seien das aber eben genau dieselben Firmen, deren Spenden in anderen Bereichen nahezu unersetzbar seien. "Und die Hand, die einen füttert, beißt man nicht." Weidenholzer sieht daher die Gefahr, dass vor problematischen Tätigkeiten eines Unternehmens eher die Augen verschlossen würden, um nicht die Unterstützung der Firma in anderen Bereichen zu verlieren - erkauftes Schweigen. Dieses Spannungsverhältnis zu leugnen, in dem sich natürlich auch die Volkshilfe selbst befinde, sie blauäugig, sagt Weidenholzer. "Was man verantworten kann und was nicht, ist eine Gratwanderung. Das muss jeder für sich selber entscheiden. Es geht wohl letztlich darum, ob man noch in den Spiegel schauen kann oder nicht." claf

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung