Einschüchtern gilt nicht

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Fairness für Flüchtlinge - aus aktuellem Anlass ist diese Forderung auf Fair Play des Innenministeriums gegenüber engagierten Flüchtlingsbetreuern auszuweiten.

Das kenne ich nur aus Kolumbien", sagte ein Journalist mit Südamerika-Erfahrung beim Verlassen der letztwöchigen Pressekonferenz, in der amnesty international (ai)-Generalsekretär Heinz Patzelt gegen das Vorgehen des Innenministeriums protestierte. "Mit dem Unfug und Irrsinn soll umgehend Schluss gemacht werden", forderte Patzelt. "Alle Alarmglocken läuten", hört ai wenn Menschenrechtsanwälte vom Staat unter Druck gesetzt werden. Aktiv wurde die Organisation, weil das Bundeskriminalamt Ermittlungen gegen die Asylanwälte Nadja Lorenz und Georg Bürstmayr durchgeführt hat. Der Vorwurf gegen die beiden lautet: Verdachts der Schlepperei und Aufruf zum Ungehorsam gegen Gesetze.

Besorgnis erregend sind die Vorgänge, sagte Patzelt, weil die betroffenen Anwälte Mitglieder des Menschenrechtsbeirats sind und ihre vom Innenministerium zu bestätigende Wiederbestellung ansteht. Die Vorwürfe seien an den Haaren herbeigezogen, beklagte Patzelt, und die Vorgehensweise weist für ihn, klassische Elemente politischer Verfolgung auf, mit dem Ziel: "Flüchtlingsberater einzuschüchtern". Patzelt will nicht ausschließen, dass dieses systematische Vorgehen gegen eine engagierte Gruppe nicht bei "leichter verletzlichen Menschen" zur Einschüchterung führt.

Das Bundeskriminalamt verteidigt sich und sieht in den Ermittlungen einen Routinevorgang bei Verdachtsmomenten. Gegenüber ai bestätigten aber zwei Quellen, dass das Ministerkabinett mit großem Engagement die Untersuchungen gegen Lorenz/Bürstmayr vorangetrieben habe.

Herbert Langthaler, Vorstandsmitglied von Asylkoordination Österreich, fühlt sich durch diese Ermittlungen an "Zustände wie in den Herkunftsländern der Asylwerber" erinnert. Die Beschuldigten kennt Langthaler als "wahnsinnig seriöse" Juristen: "Die sitzen ja nicht umsonst im Menschenrechtsbeirat." Das Vorgehen gegen die beiden Asylanwälte ist für Langthaler ein Puzzlestein in der wieder einmal von oben geschürten Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Langthaler: "Da wird einem schon mulmig."

Wenn das eigene Engagement für Asylwerber zum Anlass für staatliche Schnüffelei wird, macht sich auch bei Diakonie-Mitarbeiter und Menschenrechtsbeirat-Mitglied Martin Schenk Sorge breit. Schenk fragt sich als anderes "exponiertes Beirat-Mitglied", ob er der nächste ist, den das Ministerium aufs Korn nimmt, ob jetzt auch sein Telefon abgehört wird. "Sehr erdrückend", nennt Schenk, die Indizien, dass das Kabinett in die Ermittlungen involviert gewesen ist. Schenk ist überzeugt, dass solches Vorgehen, Existenzängste unter Rechtsanwälten schürt, die Einschüchterung funktioniert: "Da kann man sich schon fürchten."

Wolfgang Fromherz, jener Linzer Asylanwalt, der im Vorjahr erfolgreich beim Verfassungsgerichtshof die staatliche Unterbringung von Asylwerbern eingeklagt hat, fürchtet sich nicht. "Ich lasse mich nicht einschüchtern", sagt er. Der Fall Lorenz/Bürstmayr hat für ihn eine "unschöne und schiefe Optik", in seinem Engagement für Flüchtlinge lässt er sich dadurch aber nicht bremsen. Warum? "Asylwerber sind heute die schwächste Gruppe im Staat. Die brauchen Unterstützung", sagt Fromherz. Man wisse ja nie, fährt der Anwalt fort: "Wer kommt sonst als nächster dran?"

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