Heimkehr eines Söldners

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Der malische Rebellenführer Mohammed Ag Najem diente einst in Gaddafis Heer. Nun kämpft er für einen Tuareg-Staat, berichtet die Süddeutsche.

Gaddafi ist tot, aber einer seiner Feldherrn lebt und kämpft noch immer. Nicht in der Wüste Libyens, sondern in seiner Heimat, weiter südlich, in Mali. Mohammed Ag Najem gehört zum Volk der Tuareg, einst war er Oberst der libyschen Armee, jetzt führt er den Aufstand gegen den Staat Mali.

Die Rebellion der Tuareg hat in jüngster Zeit viel Schub bekommen, und das liegt vor allem an Männern wie Najem, dem afrikanischen Söldner, der heimgekehrt ist ins Land seiner Väter. Er ist einer von Tausenden malischen Kämpfern, die einst dem libyschen Machthaber dienten. Najem hat bei seiner Flucht nach Süden viel mitgebracht: moderne Waffen, Fahrzeuge, Munition, militärische Expertise. Wenn er jetzt mit seiner Rebellentruppe so weitermacht wie in den vergangenen Wochen, könnte der Tuareg-Führer bald Herr über ganz Mali werden. Ob er das tatsächlich will, weiß man nicht.

Vorerst haben die Tuareg die großen Städte im Norden Malis erobert, Kidal, Gao, Timbuktu. Nicht alle Tuareg setzen auf den bewaffneten Kampf, aber der Staat hat die nördlichen Gebiete Malis sehr lange vernachlässigt, so dass es Nährboden für Zorn gibt, und die Führer des Aufstandes auf ein Heer junger Männer zugreifen können, die eine bessere Zukunft suchen. 2011 ist schließlich auch noch der große Tross aus Libyen eingetroffen, deren Kämpfer neue Aufgaben suchen. Sie kämpfen jetzt für "Azawad“, ein Reich der Tuareg.

Tuareg nützen Putsch-Chaos

Im Süden herrschen indes seit kurzem die Putschisten der Armee, die vor zwei Wochen den rechtmäßigen Präsidenten stürzten. Das brachte Chaos und nützte vor allem den Tuareg, die seither fast ungehindert vorrücken. Der Junta-Führer Amadou Sanogo in Malis Hauptstadt Bamako hat Najem Gespräche angeboten, aber der Rückkehrer aus Libyen sagt: "Sanogo muss sich selbst aus der Patsche helfen, bevor er von Gesprächen über die Lage im Norden reden kann.“ Weder mit ihm, noch mit denen, die ihm vielleicht nachfolgen werden, will der Tuareg-Führer verhandeln. "Wir wollen die Unabhängigkeit für unsere Gebiete, komme was wolle“, verkündet er in einer algerischen Zeitung. Und über den Vormarsch seiner Männer sagt er: "Eine Umkehr kommt nicht in Frage.“

In Gaddaffis Sold

Najem hat schon den ersten Tuareg-Aufstand in den sechziger Jahren miterlebt. Damals war er noch ein Junge, und er hat sicher nicht vergessen, dass sein Vater damals von der malischen Armee getötet wurde. Als junger Mann ging er nach Libyen und heuerte als Kämpfer bei Gaddafi an. Für den Revolutionsführer ging er überall dort in die Schlacht, wo der ihn brauchte, zum Beispiel in Tschad. Später kehrte er kurz nach Mali zurück, um dort eine weitere Rebellion der Tuareg voranzutreiben. Als ein Frieden geschlossen wurde, war er nicht einverstanden und ging zurück zu Gaddafi. Dort stieg er zum Führer einer Elitetruppe auf, die sich vor allem aus Tuareg zusammensetzte. Doch als die Rebellen in Libyen, unterstützt von Nato-Luftangriffen, nicht mehr aufzuhalten waren, floh Najem, der Gaddafi-Getreue, mit seinen Männern zurück in die Heimat.

Nun erklärt Najem, er müsse schnellstens die Heimatgebiete der Tuareg "von den Besatzern befreien“. Als solche bezeichnet er zwei Gruppen: "Die malische Armee und die Phalanx der al-Qaida“. Der Targi bedient mit solchen Versprechungen auch die Hoffnung, dass seine Truppe islamistische Terroristen wenn nicht ausschalten, so doch eindämmen könnte. Ob er für alle Tuareg spricht, ist fraglich, denn manche der Nomaden stehen im Verdacht, al-Qaida näherzustehen, als sie zugeben.

Süddeutsche Zeitung, 4. April 2012

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