Missbrauch der Religionen

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Wird bei Konflikten ein religiöser Zusammenhang überakzentuiert, so sollte dies stutzig machen. In dieser Reduktion kann geschickt eine angebliche Ursache für Feindschaft ins Spiel gebracht werden, die nicht nur vom Hintergrund eines Unruheherdes ablenkt, sondern auch vorgibt, unüberwindlich zu sein. Dann werden fehlende politische Lösungen durch heraufbeschworene religiöse Gräben kaschiert.

Beispiele dafür sind vielfältig: Die Situation in Palästina und Israel ist gewiss nicht davon geprägt, dass sich Juden, Christen und Muslime prinzipiell unversöhnlich gegenüberständen. Die jüngsten Kriege in Afghanistan und im Irak sind keine Religionskriege. Die Integrationsdebatte darf nicht eindimensional auf den Islam versus "christlich geprägtes Europa" abgestellt werden.

Zu sehen ist das mögliche Kalkül: Das Verschleiern von gerechtfertigten Ansprüchen, das Erzeugen eines "Wir"-Gefühls, das Ablenken von tatsächlichen Problemen wie mangelnder sozialer Gerechtigkeit oder der ungleichen Verteilung von Ressourcen und die gewünschte Prolongierung des Konflikts mit Blick auf eigene Interessen.

Gegen äußeren Missbrauch müssen sich Religionsgemeinschaften also genauso entschieden verwahren wie gegen inneren, etwa bei radikalen Auslegungen. Kompliziert wird dies auch durch Überlappungen: Zu Ausdrücken wie "Kreuzzug gegen das Böse" oder der aggressiven Verwendung des Dschihadbegriffes kann nicht geschwiegen werden.

Religionsgemeinschaften sollen daher ihre versöhnende und friedensstiftende Kraft entfalten und gemeinsame Zeichen setzen: In Österreich institutionell etwa durch das neue "Forum der abrahamitischen Religionen", zivilgesellschaftlich wie durch die "Plattform Christen und Muslime" und nicht zuletzt im Alltag, in der direkten Begegnung.

Die Autorin ist Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

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