Mülltourismus und Globalisierung

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Eigentlich dürfte man sich ja gar nicht darüber wundern. Seit Jahren, fast schon seit Jahrzehnten, werden Waren aller Art quer durch die Kontinente und teilweise rund um den Erdball gefahren und geflogen. Wir haben uns daran gewöhnt, zu beliebiger Jahreszeit jede Sorte Obst und Gemüse nicht nur im Spezialitätengeschäft, sondern im Supermarkt um die Ecke vorzufinden. Ananaserdbeeren im Dezember? Kein Problem. Blutorangen im Juli und Radieschen im September - alles da. Wir ergänzen das österreichische Weinangebot mit dem französischen, aber auch mit dem aus Kalifornien und Südafrika. Käse aus Holland, Schokolade aus Brüssel, klar; aber wir verlangen auch Känguruhsteak und Polarlachs. Dass unsere Markenjeans in Fernost und unsere Schuhe in Portugal erzeugt werden, wissen wir längst. Unsere Shoppings-Trips machen wir ohnedies nicht mehr nur nach Paris oder Mailand, sondern nach San Francisco oder Hongkong. Von Heliskiing in den Rocky Mountains und Tauchen in der Karibik gar nicht zu reden.

Dass Rohmilch allenfalls nicht bei uns, sondern in einem Nachbarland zu Yoghurt verarbeitet und dann wieder eingeführt wird, irritiert zumindest die Preisbewussten nicht, und nur eine Handvoll Tierschützer protestiert, wenn Lebendvieh hunderte Kilometer und mehr über eine Grenze gekarrt und erst als Dosengulasch von uns zurückgekauft wird. Warum also jetzt der Aufschrei über den Mülltourismus von Süditalien in die nördliche Steiermark?

Die Empörung über eine Verkehrslawine und dadurch verursachte Luftverschmutzung kann es nicht sein - der neapolitanische Restmüll bewegt sich umweltfreundlich via Bahn in unsere Gefilde. Aber: den für die nächsten Jahre per Vertrag zur Deponierung in Österreich vorgesehenen 150.000 Tonnen Abfall fehlen zwei wichtige Aspekte: der Genuss- und der Prestigefaktor.

Müll ist nun einfach nicht dasselbe wie Büffelmozarella oder Kleinmöbeldesign - und es ist einfach nicht chic, anderer Leute Mist zu verbuddeln. Denn ansonsten - aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten - dürfte man nicht viel dagegen sagen, oder?

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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