Prognosen? Spekulationen?

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Immer nach der Jahreswende: Was bringt das Jahr? Das Jahrzehnt? Die Zukunft? Europa ist eine vergleichsweise sichere Welt, aber die übrige Welt ist unsicher. Hohe Lebenserwartung, aber Risikogesellschaft. Postheroisch, aber allenthalben mit Gewaltsamkeit konfrontiert. Noch wohlhabend, aber im Abstieg. Zuweilen wird vermutet, die nähere Zukunft könnten wir abschätzen, die fernere weniger. Aber das stimmt nicht, es hängt vom Thema ab.

Über die Wirtschaft der nächsten Jahre können wir wenig sagen, außer dass dynamisches Wachstum nicht einsetzen wird. Die Pensionsbelastung der Jahre 2030 oder 2050 hingegen können wir ziemlich gut berechnen, im Gegensatz zu den Gesundheits-und Pflegekosten. Die Klimaerwärmung wird bis zum Ende des Jahrhunderts eher bei 4° als bei 2° liegen. Es wird kein "green", sondern ein "black century", fossile Energieträger werden die nächsten Jahrzehnte beherrschen. Frauen werden nicht zurück an den Herd gehen, die Geburtenraten bleiben im Keller. Die europäische Bevölkerung wird mehrheitlich durch Zuwanderer ersetzt werden, die aus dem islamischen und afrikanischen Bereich kommen. Ob das autoritäre China stabil bleibt, wissen wir nicht. Irgendwann gibt es in Mitteleuropa ein mehrtägiges Black-out. Das selbstfahrende Auto wird demnächst kommen. Ob Großbritannien die EU verlässt, ist unsicher. Ein kohärentes europäisches Heimatgefühl wird sich nicht entwickeln. Bargeld wird abgeschafft. Die islamischen Kriege werden sich, mit Pausen, über Jahrzehnte hinziehen. Wir werden Schwierigkeiten haben, selbstlernende Computer zu kontrollieren.

Mit hoher Sicherheit lässt sich zweierlei prognostizieren: Erstens kann es immer "schwarze Schwäne", also völlig unvorhersehbare Ereignisse, geben. Zweitens werden wir uns 2100 nicht zusammensetzen können, um das Eintreten der Prognosen zu überprüfen.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz

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