R oder nicht R - ist das wirklich die Frage?

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Ausgangspunkt für die Diskussion über das "böse R-Wort" ("Die Presse") war der Besuch des Chefs des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Helmut Kramer, Mitte November im Klub der Wirtschaftspublizisten gewesen. Im letzten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 sei mit einem Rückgang der Wirtschaftsaktivität zu rechnen, hatte Kramer dort erklärt. Tags darauf widersprach Finanzminister Karl-Heinz Grasser: Er könne keine Rezession sehen. Dieser Sicht schlossen sich sowohl Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ("Ich will Rezession nicht sagen") als auch der als kompetent und vorsichtig bekannte Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Klaus Liebscher ("eher ist der Begriff ,Stagnation' angebracht") an.

Wie das? Ob eine Volkswirtschaft wächst oder schrumpft sollte man doch - jedenfalls vor dem Komma - zweifelsfrei feststellen können. Kann man natürlich auch. Die Herren Kramer, Grasser, Schüssel und Liebscher interpretieren dieselben Fakten bloß unterschiedlich.

Unbestrittenes Faktum ist, dass Österreichs Wirtschaft auf das Kalenderjahr bezogen sowohl 2001 als - voraussichtlich - auch 2002 wachsen wird (heuer um gut ein, 2002 um etwa eineinhalb Prozent), nur auf das vierte Quartal 2001 und das erste Quartal 2001 bezogen aber schrumpfen wird. Worauf Kramer vor einem Fachpublikum mit dem Ausdruck "technische Rezession" korrekterweise hinwies. In die Schlagzeilen kam natürlich bloß "Wir sind in einer Rezession". Und weil Regierungspolitiker und Währungshüter die davon ausgehende schlechte Stimmung zumindest so fürchten wie den Atommeiler Temelín, traten sie sofort zur semantischen Gegenoffensive an: "Auf das Jahr bezogen wächst unsere Wirtschaft immer noch!"

Glaubt man den IMAS-Meinungsforschern, sind Österreichs Bürger/innen aber ohnehin gelassen und realitätsnahe und lassen sich von dem Wortgeklingel nicht beeinflussen: Auch wenn sie härtere Zeiten kommen sehen, fürchten sie nicht um ihren Lebensstandard. Zu recht: Was gäben man in den meisten Ländern dieser Welt dafür, bloß ein oder zwei Prozent weniger Wohlstand als wir hier zu haben?

Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.

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