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Jahreswende - Zeit der Prognosen: Wie wird 2003? Die Wirtschaftsforscher wagen einen Ausblick, ob er zutrifft, wird erst der Rückblick im Jänner 2004 zeigen.

Große Euphorie ist nicht ausgebrochen, als wir die Prognosen gemacht haben." Bernhard Felderer, Leiter des Institutes für höhere Studien (IHS), dämpft allzu hohe Erwartungen in das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2003: 2,1 Prozent prognostiziert er, das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) ist sogar noch pessimistischer und geht nur von einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Bei der Prognose des WIFO wurde ein möglicher Irak-Krieg nicht berücksichtigt, da der Einfluss auf die Konjunkturentwicklung "je nach Dauer und Absehbarkeit von Erfolgen" unterschiedlich zu bewerten sei, wie der WIFO-Chef Helmut Kramer erklärt. "Wir haben kein Szenario für diesen Fall entwickelt. Denn das müsste ein ganzes Bündel von möglichen Szenarien sein." In der Prognose des IHS hat der eventuelle Militärschlag gegen den Irak nur marginale Bedeutung. Felderer: "Wir haben einen Irak-Krieg nur über den Ölpreis berücksichtigt. Bei einer kurzen Dauer hätte der Krieg keinen Effekt, eine Dauer von mehr als einem halben Jahr haben wir nicht berücksichtigt."

Das Vertrauen in die eigenen Konjunkturprognosen scheint heuer jedenfalls nicht besonders groß zu sein. Kramer gibt zu bedenken, dass von der künftigen Konjunkturentwicklung kein ganz klares Bild zu zeichnen sei, da es, abgesehen von einem möglichen Irak-Krieg, auch noch zahlreiche andere Unsicherheitsfaktoren gäbe: Zum einen sei nicht absehbar, welche Wirtschaftspolitik eine künftige Regierung betreiben werde. Weiters würden die Banken, vorsichtig geworden durch die steigende Zahl an Insolvenzen, die Risiken bei den Kreditvergaben schärfer bewerten und entsprechend vorsichtiger disponieren. Dazu käme auch noch das mangelnde Vertrauen der Anleger in die Aktienmärkte. Da all diese Unsicherheiten auch ins neue Jahr hinein reichen würden, sei ein Aufschwung erst im zweiten Halbjahr zu erwarten. Kramer: "Wenn diese psychologischen Hindernisse abnehmen, sehe ich keine Grund mehr für eine Stagnation." Schließlich seien in letzter Zeit kaum dauerhafte Konsumgüter angeschafft worden und irgendwann müsse dieser Investitionsstau abgebaut werden. Auch die nötigen Investitionen von Unternehmen, die sich auf die EU-Osterweiterung vorzubereiten hätten, würden eine positive Auswirkung auf die Konjunktur haben, betont Kramer. Die im vergangenen Jahr beschlossene Investitionsprämie von zehn Prozent für Investitionen, die über dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre liegen, abgebaute Lagerbestände und die Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank von Anfang Dezember des Vorjahres seien weitere Gründe, die für verstärkte Investitionen und somit für Wirtschaftswachstum sprächen.

Qualität der Prognosen

Was allerdings tatsächlich dran ist an all den Vorhersagen, wird sich erst im Rückblick auf 2003 zeigen. Die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt jedenfalls, dass Prognosen immer wieder, teils massiv, revidiert werden mussten. So lautete etwa die Prognose für 2003 vom Sommer des Vorjahres noch auf 2,8 Prozent Wachstum, die nun vorhergesagten 1,7 Prozent klingen da schon ganz anders. Und auch das Vorjahr selbst war offensichtlich für die Zukunftsforscher kein einfaches: Im Sommer sah das WIFO ein Wachstum von 1,2 Prozent voraus, im Dezember 2002 wurde dieser Wert dann auf 0,9 Prozent revidiert. Und so gibt WIFO-Chef Helmut Kramer in einer Analyse in der Zeitschrift Industrie Aktuell freimütig zu: "Die Konjunkturprognosen waren falsch ... Die Prognosen waren bis einschließlich Spätsommer 2001 und ab Frühjahr 2002 allesamt zu optimistisch."

"Keine Krise"

Anders sieht das allerdings in einem Pressegespräch zum Thema "Konjunkturprognosen in der Krise" sein Kollege Felderer. Er hat für den Irrtum im Frühsommer 2002 eine Erklärung: die massiven Einbrüche der Börsenkurse im Juli und August. "Solche exogenen Schocks lassen sich nicht vorhersehen." Allgemein sei jedoch festzustellen, so der Wirtschaftsforscher weiter, dass sowohl das IHS als auch das WIFO mit ihren Prognosen nie weit daneben lägen: "Es gibt keine Krise der Wirtschaftsforschung, wir sind so gut, wie wir immer waren." Sogar eine Verbesserung der Genauigkeit sei in den vergangenen Jahren erreicht worden.

Skeptischer zeigt sich in dem Gespräch allerdings ein Vertreter der Wirtschaft, Erich Wiesner, der Eigentümer und Geschäftsführer der Wiesner-Hager Baugruppe Holding GmbH: Die ständig nach unten korrigierten Prognosen würden bei den Unternehmern eine schlechte Stimmung bewirken. Zwar seien "solche Prognosen besser als gar keine, aber es wird immer nötiger, bei Investitionsentscheidungen auch auf das eigene Gefühl zu hören".

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