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Der Preisanstieg im Dezember und dessen inflationärer Niederschlag in den Medien bereitet weniger Sorgen als die Sicherung des Wachstums.

Die 3,6 Prozent Inflationsrate des Dezember 2007 macht seit geraumer Zeit Schlagzeilen. Doch inwieweit ist der Medienhype gerechtfertigt, vor allem vor dem Hintergrund, dass das Jahr 2007 durchschnittlich eine Teuerungsrate von 2,2 Prozent aufweist? Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) rechnet für heuer bis dato mit einer Inflation von 2,6 Prozent. Für viele Experten noch kein Grund, um sich Sorgen über das Wirtschaftswachstum zu machen, doch im Euro-Raum, also dem Wirtschaftsraum, der sich zur Verwendung der europäischen Einheitswährung Euro entschieden hat, gelten Inflationsraten deutlich über zwei Prozent bereits als kritisch. Denn das oberste Ziel der Europäischen Zentralbank ist, die Inflation niedrig zu halten, was konkret einem Wert um die zwei Prozent entspricht.

Wachstum stärken

Bei den Gesprächen, die die Furche mit Ökonomen führte, wurde klar, dass die Inflationsrate zwar im Auge behalten werden soll und ernst zu nehmen ist, aber dass in erster Linie die Zahl der Beschäftigten steigen und das Wirtschaftswachstum gestärkt werden müssen. "Das sind unsere Hauptziele", sagt WIFO-Ökonom Alois Guger. Für Guger ist ein entsprechendes Wirtschaftswachstum die beste Möglichkeit, um mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen oder zu halten. "Es muss unbedingt der Faktor Arbeit entlastet werden, was u.a. durch geringere Sozialversicherungsbeiträge möglich wäre, dies kann durchaus dadurch geschehen, dass Vermögenseinkommen höher besteuert werden und diese Einnahmen in die Töpfe der Sozialversicherungen gelangen", sagt der WIFO-Experte. Weiters könne die Konsumschwäche bei den niedrigen Einkommensbeziehern im Zaum gehalten werden, indem man zum Beispiel die Negativsteuer erhöht. Das ist derzeit eine Transferzahlung von 110 Euro des Finanzamtes an Niedrigverdiener, die auf Grund ihres Einkommens von unter 1127 Euro brutto/Monat keine Lohnsteuer zahlen.

Armut bekämpfen

Auch Bruno Rossmann, Budgetsprecher der Grünen, sieht in der Inflation ein zweitrangiges Phänomen, denn es gelte die wirklichen Probleme im Land anzugehen, und das seien die Arbeitslosigkeit und die Armut. Für ihn diene die erzeugte Hysterie nur dazu, dass die Europäische Zentralbank (EZB) weiter an ihrem obersten Ziel der Preisstabilität festhalten kann. Zu hohe Zinsen können aber das Wirtschaftswachstum hindern, denn am Leitzins der Zentralbank in Frankfurt orientiert sich der Zinssatz, zu dem sich Firmen bzw. Privatpersonen Geld bei einer Bank leihen können. Aber auch ein überhitztes Wachstum ist schlecht, denn es führt zu Preissteigerungen, da die Nachfrage nach Produkten gestiegen ist und die Firmen nicht mit niedrigen Preisen Käufer anlocken müssen. Es muss also das richtige Maß gefunden werden und hierbei würde Rossmann eher darauf bedacht sein, dass die Wirtschaft ordentlich wächst: "Das ist das probateste Mittel, um die Armut zu bekämpfen." Will man das Thema Inflation angehen, so solle man laut Rossmann vor allem eine Energiewende einleiten, um aus der Abhängigkeit von Öl und Gas herauszukommen. Energie war der größte Preistreiber des vergangenen Jahres, dies bestätigt auch die Statistik Austria (siehe Grafik). Auf die Frage, wie Rossmann zu einem Anstieg der Beschäftigten gelangen würde, bringt er wieder das Thema Energie aufs Tapet, denn eine innovative Politik im Bereich der Energie führe auch zu mehr Beschäftigten in diesem Sektor. Auch eine ökologische Steuerreform ist ein Thema, bei der die Steuern auf Arbeit gesenkt würden und im Gegenzug der Verbrauch von Ressourcen wie Erdöl und -gas höher belastet würde.

Herwig W. Schneider, Ökonom und Geschäftsführer des Industriewissenschaftlichen Instituts, würde vor allem auf eine konstante Standortpolitik setzen, um Wirtschaftswachstum zu erzeugen, und da schließt er angemessene Lohnabschlüsse, Bürokratieabbau und Arbeitszeitflexibilisierung mit ein, aber auch die Qualifizierung der Arbeitskräfte und die weitere Förderung des Bereiches Forschung und Entwicklung, wobei er hier sehr stark an die Forschungsüberleitung denkt, also den Niederschlag der Innovationen in reale Produkte in der Wirtschaft. Sein Geheimrezept ist hierbei ein gut austarierter Branchenmix, gepaart mit High-Tech-Innovationen.

An Ideen fehlt es also nicht, um der Wirtschaft ordentlich Schwung zu verleihen, und hierbei wird deutlich, dass man in Europa eher auf Maßnahmen setzt, die eines politischen Willens bedürfen, als in den USA, wo der Ball vor allem bei dem Federal Reserve System (kurz Fed) und dessen Board of Governors - das den Leitzins bestimmt - liegt. Wenn auch die Preisstabilität für die Fed hohe Priorität hat, so greift man in Washington, D.C. schnell ein, wenn es darum geht, die Wirtschaft mit niedrigeren Zinsen anzukurbeln, wie es zuletzt am 30. Jänner passiert ist, als der Zins auf drei Prozent gesenkt wurde, Mitte Jänner lag der Leitzins noch bei 4,25 Prozent.

Zinsen senken

So rasch reagiert man in Frankfurt nicht, doch viele deuten das schnelle Einschreiten der Fed nur als weiteres und vor allem wichtigstes Signal, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession schlittert, da die Auswirkungen der US-Immobilienkrise doch weitreichendere Folgen zu haben scheinen. Die Krise wurde im Sommer 2007 dadurch ausgelöst, dass zu viele Kreditnehmer (mit schlechter Bonität) zahlungsunfähig wurden und gleichzeitig die Immobilienpreise sanken, also auch der Verkauf der belehnten Immobilien kaum noch Geld einbrachte. Nun wird erwartet, dass es ausgehend von dieser Krise - gekoppelt mit u.a. auch auf Grund der geführten Kriege hohen Budgetdefiziten - zu einer Schwächung der nordamerikanischen Wachstumslokomotive kommt. Neben dem Wann sind vor allem die Auswirkungen für Europa interessant.

Für Schneider ist klar, dass es, wenn auch indirekt, Auswirkungen für heimische Betriebe geben wird: "Wir exportieren viel nach Deutschland und Deutschland exportiert viel in die USA." Dennoch glaubt er, dass Österreich auf Grund der gut aufgestellten Betriebe und des herrschenden Unternehmergeistes eine US-Rezession nur moderat spüren wird. Auch Guger ist zuversichtlich, wobei er auf die EZB vertraut, die im richtigen Moment den Leitzins senken wird. "Geht die Fed mit dem Leitzins weiter runter, steigt aber auch der Druck auf den Euro." Das Ungleichverhältnis zwischen Dollar und Euro nähme zu, was europäische Exporte weiter erschweren würde. Darum plädiert Guger für eine Stärkung der Binnennachfrage durch die eingangs erwähnte Erhöhung der niedrigen Einkommen, um den zu erwartenden Absatzrückgang abzuflachen.

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