"Das Geld war lange billig"

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Notenbanker Josef Christl warnt vor zu hohen Lohnforderungen und sieht die Talsohle 2009 erreicht.

Die Finanzmärkte stecken weiterhin in einer Krise und auch die hohe Inflation beutelt die heimische Wirtschaft. Josef Christl, Direktor der Oesterreichischen Nationalbank, wagt mit der Furche einen Blick in die Zukunft.

Die Furche: Die Finanzmarktkrise ist noch keinesfalls ausgestanden: Pensionskassen jammern über geringere Gewinne, aber auch Versicherer, nicht zu vergessen die Probleme der Hypothekenbanken in den USA. Auf welche Auswirkungen muss man sich noch einstellen?

Josef Christl: Wir sind noch immer mitten in diesen Turbulenzen und keinesfalls "out of the woods". Der Auslöser, die US-Subprime-Krise, die zu einer Kreditkrise auf den internationalen Finanzmärkten geführt hat, ist mittlerweile relativ gut abschätzbar, und da ist auch schon einiges verdaut. Aber vor allem die USA, aber auch Europa und Asien gehen in eine Phase schwächeren Wachstums. Das heißt, dass auf den Finanzmärkten noch einiges nachkommen kann.

Die Furche: Wie lange wird diese Konsolidierungs-Phase noch dauern?

Christl: Das ist schwierig zu sagen, weil jede Wachstumsabschwächung nach einem anderen Muster abläuft. Es ist daher noch nicht endgültig abzusehen, wie lange die Weltwirtschaft benötigen wird, die derzeitige Kombination aus hoher Inflation durch hohe Erdöl- und Nahrungsmittelpreise bei gleichzeitigem Nachlassen der Wirtschaftskraft zu verdauen. In unserer Prognose gehen wir davon aus, dass man noch bis Mitte 2009 ein eher schwaches Wachstum in den USA und Europa sehen wird. Einen kräftigeren Aufschwung sollte es dann erst wieder gegen Ende 2009 geben.

Die Furche: Gehört das zum "normalen" Auf und Ab?

Christl: Ja, das alles spielt sich im Rahmen eines normalen Konjunkturzyklus ab, Panik ist nicht angebracht, dafür sorgen schon die aufstrebenden Wirtschaften Asiens und Osteuropas. Aber natürlich wird nun die Phase der Übertreibungen auf gewissen Märkten, vor allem den Immobilienmärkten in den USA aber teilweise auch in Europa korrigiert. In den vergangenen Jahren war Geld sehr leicht verfügbar und das führte zu gewissen spekulativer Blasen.

Die Furche: Ist die Zeit der Spieler vorbei, und kommt jetzt wieder eine Zeit der Profis?

Christl: Die vergangenen Jahre war keine Zeit der Spieler. Geld war über eine lange Zeit relativ leicht und billig verfügbar, und viele wollten daraus Gewinne ziehen. Das ist legitim in einer Marktwirtschaft. Die Geldpolitik war wohl zu expansiv, das gilt für die US-amerikanische und japanische Geldpolitik in höherem Maße als für die des Euro-Raums. Die Suche nach zusätzlichen Erträgen führte zu Investments, die letztlich zu spekulativ waren.

Die Furche: Stichwort Inflation: Wie ist der Teuerung beizukommen?

Christl: In Europa ist es so, dass ein Gutteil der Inflation importiert wird durch die hohen Rohstoff- und Erdölpreise. Das sind mindestens 1,5 bis 2 Prozentpunkte der aktuellen Inflationsrate. Und gegen diese Steigerung, die eine internationale Angebotsknappheit auf den Weltmärkten signalisiert, kann die europäische Geldpolitik unmittelbar nichts tun. Da muss man abwarten, bis sich die internationale Nachfrage verringert oder sich das Angebot erhöht. Die Gefahr, die eine Notenbank sieht, ist, dass es durch diesen Erstrundeneffekt zu einer Preis-Lohn-Spirale kommt. Und das wäre schlecht. Falls die EZB derartige Entwicklungen wahrnimmt, würde sie sicher mit Leitzinserhöhungen reagieren.

Die Furche: Das bedeutet, dass die Herbstlohnrunden trotz hoher Inflation moderat ausfallen müssen?

Christl: Es kann bei der kommenden Lohnrunde nicht die volle aktuelle Inflation abgegolten werden (derzeit vier Prozent), denn ein beachtlicher Teil der Inflation geht auf die Rohstoffpreissteigerungen zurück. Hier kommt es zu einer Umverteilung von Rohstoffkonsumenten hin zu Rohstoffproduzenten. Ich denke, dass die österreichischen Gewerkschaften dies erkannt haben und dementsprechend handeln werden.

Die Furche: Was kann noch national getan werden?

Christl: Das beginnt bei den administrierten Preisen, die man einfrieren sollte: Der Bund, Länder und Kommunen haben teilweise über der Inflationsrate liegende Preiserhöhungen vorgenommen (zum Beispiel bei Müllabfuhr oder Parkgebühren etc.), bzw. indirekte Steuern wie die Mineralölsteuer erhöht. Das erklärt schon allein knapp 0,5 Prozent der Inflationsrate. Es braucht in manchen österreichischen Märkten auch mehr Wettbewerb: wie bei Benzin, Gas und Elektrizität. Und, es braucht möglichst bald eine Einkommens- und Lohnsteuerreform, die nicht auf Pump finanziert sein darf, also leistbar ist.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

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