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Keine Preispanik

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Der internationale und österreichische Preisauftrieb ist derzeit höher als in der Vergangenheit. Um die hohen Wachtumsraten aufrechtzuerhalten, mußten die großen Industrieländer eine Beschleunigung des Preisanstieges zulassen. Man tolerierte Budgetabgänge und nahm Zahlungsbilanzdefizite hin.

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Der internationale und österreichische Preisauftrieb ist derzeit höher als in der Vergangenheit. Um die hohen Wachtumsraten aufrechtzuerhalten, mußten die großen Industrieländer eine Beschleunigung des Preisanstieges zulassen. Man tolerierte Budgetabgänge und nahm Zahlungsbilanzdefizite hin.

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Das Bassivum der amerikanischen Zahlungsbilanz ist größer als je zuvor und trägt zur Erhöhung der internationalen Liquidität bei. Ungeachtet dessen hat man anfangs dieses Jahres die Sonderziehungsrechte aktiviert und damit ein doppeltes Geldschöpfungspotential auf internationaler Ebene geschaffen. Es wäre alber falsch, zu glauben, daß die Inflation Vorbedingung für das Wachstum ist. Eine solche Auffassung beruht vielmehr auf einer unzulässigen Verallgemeinerung. Was für einen kleinen Ausschnitt der Konjunktur, nämlich für die Rezession, zutreffen mag, hat auf mittlere Frist keinerlei Gültigkeit. Die Deutsche Bundesbank kam in einer sich über 20 Jahre erstreckenden Beobachtung entsprechender Kennzahlen zu dem Ergebnis, daß die Tolerierung höherer Preissteigerungen dem realen wirtschaftlichen Wachstum keineswegs förderlich sei. Auch der amerikanische National-ökonom Wallich kommt in einer Untersuchung von 43 Ländern zu dem Schluß, daß die Inflation während kurzer Zeiträume in keinem positiven Zusammenhang mit dem Wachstum stehe und für Vergleichszeiträume von fünf und mehr Jahren sogar eine deutlich negative Beziehung gegeben sei.

Auch Österreich hat sich dem internationalen Preisauftrieb nicht entziehen können. Die Verbraucherpreise erhöhten sich dm Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Prozent im ersten Quartal, um 4,2 Prozent im Mai und um 4,6 Prozent im Juni. Die entsprechenden Werte für die Großhandelspreise lauten 3,8 Prozent für das erste Quartal, 5,8 Prozent im Mai und 5,3 Prozent im Juni. In Österreich wurden rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen, offensichtlich, weil man aus dem Jahre 1961, als die deutsche Mark schon einmal aufgewertet worden war, die Lehren gezogen hatte. Die Nettopreisverordnung wurde ausgeweitet, das Zinsniveau bewußt niedrig gehalten, die Importe durch liberalere Lizenzerteilung und zollpolitische Maßnahmen erleichtert. Ursache der inländischen Preissteigerungen sind die Verteuerung der Importe aus Deutschland, die internationale Verknappung verschiedener Rohstoffe und die Arfhebung der Löhne und Gehälter auch im Wege der Arbeitszeitverkürzung. Dazu kommt die raschere Steigerung des Konsums, der sich bislang eher schwach entwickelte sowie das Anhalten der Auslandsnachfrage und der Investitionstätigkeit, die sich bisher zeitlich verschoben auswirkten.

Dämpfend dagegen wirkte sich vor allem die hohe Sparkapitalbildung aus, die, der konjunkturellen Phase entsprechend, auch weiter anhalten wird, vor allem, weil durch die verbesserte Einkommensposition der Bevölkerung ein Teil des zusätzlichen Einkommens gespart werden kann. Auch die bewußte Preis-ddsziplin von Wirtschaft und Bevölkerung hat positive Auswirkungen auf das Preisniveau. Der in Österreich noch bestehende Abstand gegenüber dem fortgeschrittenen Auftrieb im Ausland kann unter der Voraussetzung eines elastischen Geldangebotes noch auf längere Zeit durchgehalten werden. Man rechnet sogar damit, daß der prognostizierte Preisanstieg von fünf Prozent unterschritten wird. Eine künstliche Verschärfung des geldpolitischen Kurses dagegen würde zu einer Dämpfung der Investitionen und einer Einengung des Wachstumsspielraumes führen, während die Preise auf' Grund des zu erwartenden Lohnanstieges und des erhöhten Konsums weiter steigen würden. Deshalb müssen der Geld-und Kapitalmarkt möglichst flüssig gehalten und eine übermäßige Anspannung des Zinsniveaus vermieden werden.

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