Sichtweise in schwarz-weiß

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Die nationalen Mythen sind einander ähnlich - fast austauschbar. Die deutschen nationalen Sozialisten sahen ihr Volk als Bollwerk gegen den Osten, den Bolschewismus (und die Juden). Die nationalen Sozialisten Serbiens sahen ihr Volk als Bollwerk gegen Südosten, Türken, Albaner (und die Juden).

Beide huldigten einer aggressiven Expansion: Heute gehört uns Deutschland, morgen die ganze Welt. Wir müssen das Serbentum verbreiten, zuerst im Amselfeld!

Beide betonten die Opferrolle: Wir Deutsche fürchten weder Tod noch Teufel, wir gegen eine ganze Welt! - Serbien steht unbeirrt: Wir gegen eine ganze Welt!

Deutschland wurde geteilt: Im vereinten Deutschland sehen wir das kleinste Deutschland, das es je gab. Jugoslawien zerfiel, wir sehen das kleinste Serbien vor uns, das es je gab.

Heute ist Deutschland demokratisch. Der größenwahnsinnige nationale deutsche Mythos ist zerstört, zum Wohle Deutschlands und der Welt.

In Serbien herrscht noch der unglückselige nationale Mythos, das kollektive Opfersyndrom. Zum Unwohle Serbiens und seiner Nachbarn.

Peter Handke hat für seinen Freund Slobodan MilosÇevic´ eine Trauerrede gehalten. Das sei ihm unbenommen. Und natürlich haben jene Recht, die dazu meinen, es gäbe kein Schwarz-Weiß-Denken. Und: de mortuis nihil nisi bene. Aber: MilosÇevic´ war ein Schlächter, ein Kriegsherr hitlerscher Prägung. Hätte jemand für Le Pen Worte des Verständnisses gefunden, mit Recht wären unsere Literaten über ihn hergefallen. Doch: Gegen MilosÇevic´ ist Le Pen ein Vater Teresa.

Was von Peter Handke zu erwarten ist: Eine Rede an die Hinterbliebenen der Opfer von Srebrenica, Vukovar & Co. Um zu zeigen, dass er nicht Schwarz-weiß sieht ...

Der Autor ist freier Wirtschaftspublizist.

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