Albinismus

Weltalbinismus-Tag: Vom Fluch, anders zu sein

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Menschen mit Albinismus werden in vielen Teilen der Welt diskriminiert. In einigen Ländern führt das bis zum Tod. Ein Hinblick anlässlich des Welt-Albinismus-Tages der UNO am 13. Juni.

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Menschen mit Albinismus werden in vielen Teilen der Welt diskriminiert. In einigen Ländern führt das bis zum Tod. Ein Hinblick anlässlich des Welt-Albinismus-Tages der UNO am 13. Juni.

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Xueli Abbing ist 16 Jahre alt, und ihre Geschichte geht derzeit um die Welt. Die Niederländerin mit den weißen Haaren, der hellen Haut und der dunklen Brille posierte mittlerweile nicht nur für zahlreiche Designer(innen), sondern auch für das Modemagazin Vogue. Ihr äußeres Erscheinungsbild verrät: Xueli ist von Albinismus betroffen. Was ihr in der Modebranche heute viele Türen öffnet, sorgte vor 16 Jahren in China dafür, dass ihre leiblichen Eltern sie als Säugling vor einem Waisenhaus aussetzten.

In China gilt Albinismus bis heute als Fluch. Betroffene Kinder werden verstoßen oder versteckt. Damit sie nicht auffallen, färbt man ihnen die Haare schwarz und verheimlicht ihren Albinismus. Xueli wurde von einer niederländischen Familie adoptiert. In Interviews betont die 16-Jährige immer wieder, dass es den meisten Menschen mit Albinismus auf der Welt nicht so gut gehe wie ihr.

Aberglaube und Geldmacherei

„Wir leben in Europa ein Luxusleben“, sagt auch Anja Krings. Die Vorsitzende der deutschsprachigen Albinismus-Selbsthilfegruppe „Noah“ findet es gut, wenn bekannte Persönlichkeiten die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Albinismus lenken. Weniger begeistert ist sie von Filmen wie „Illuminati“, in denen Charaktere mit Albinismus die Bösewichte sind, denn: „Der Kampf um Akzeptanz ist groß.“ Sie selbst habe als Kind verinnerlicht, besser sein zu müssen als andere, um ihre Schwäche zu kompensieren.

Früher seien die Anfeindungen noch stärker gewesen, erzählt Krings aus ihrer Kindheit und Jugend. Vergleiche mit Schlagersänger Heino, ein ungefragtes In-die-Haare-Greifen oder Spott über ihre weiße Haarfarbe sind aber bis heute präsent. Rund 5000 Menschen sind in Deutschland von Albinismus betroffen, in Österreich sind es etwa 500. Die Prävalenz für Albinismus liegt in Europa bei rund 1:17.000. Das größte Problem für Betroffene sind hier die Seheinschränkungen. Organisationen wie „Noah“ legen daher viel Wert auf eine Frühförderung und Sehschulen.

Anja Krings ist es außerdem wichtig zu vermitteln, dass Albinismus keine Krankheit oder Behinderung per se ist. Vielmehr führen die dadurch verursachten gesundheitlichen Probleme zu Einschränkungen. „Wir sind keine Albinos, wir sind Menschen mit Albinismus“, betont Krings. Die rezessiv weitergegebene Genveränderung, bei der der Stoffwechsel kein Melanin produzieren kann, führt zur reduzierten Pigmentierung von Retina und Iris im Auge. Das schränkt die Entwicklung des Sehvermögens ein. Viele Betroffene haben daher eine angeborene Seheinschränkung oder ein unwillkürliches Augenzittern (Nystagmus). Albinismus gibt es aber in unterschiedlichen Ausprägungen. Bekannt sind derzeit sieben Gene des sogenannten Okulokutanen Albinismus (OCA) und ein Gen des Okulären Albinismus (OA). Während die Formen des OCA Augen, Haut und Haare aller Geschlechter betreffen – viele Betroffene haben ein deutlich helleres Erscheinungsbild als ihre Familien –, sind Menschen mit OA meist Männer, bei denen ausschließlich die Augen betroffen sind.

Die Häufigkeit von Albinismus liegt weltweit geschätzt bei etwa 1:20.000 für OCA und 1:50.000 für OA. In Europa, Nordamerika und Nordasien ist die Prävalenz deutlich geringer als etwa in einigen Gebieten Lateinamerikas oder den Subsahara-Ländern, wo Albinismus besonders häufig auftritt. In Tansania gibt es etwa eine Häufigkeit von 1:1500, in Malawi liegt sie bei 1:1800 und in Uganda bei 1:3000. Als Grund dafür wird eine geringere genetische Durchmischung der Gesellschaft angenommen.

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