7094097-1994_40_01.jpg
Digital In Arbeit

Wer kann Vladimir Meciar zähmen?

Werbung
Werbung
Werbung

Der Optimismus von Jan Carnogursky (FURCHE 39/1994) wurde durch die Wahl der Slowaken widerlegt.

Zu gern hätte man Vladimir Meciar abgeschrieben. Doch der bullige Ex-Boxer hat kräftiger als prognostiziert zugeschlagen: mit 35 Prozent der Stimmen liegt der erst im Mai als Regierungschef abgesetzte Populist weit vor allen anderen slowakischen Parteien, die je um zehn Prozent und darunter herumkrebsen. Eine Regierungsbildung, zu der Staatspräsident Michal Kovac (seit seiner Kritik am überbordenden Nationalismus Meciar dessen Intimfeind) wohl oder übel den Führer der stärksten Partei, eben Meciar mit seiner HZDS, einladen muß, wird dennoch schwierig.

Die slowakische Verfassung sieht zur Regierungsbildung eine parlamentarische Mindestgröße der Regierungsparteien) von 60 Prozent vor. Und die kann Meciar nicht einmal dann aufbringen, wenn er mit der extremen Nationalpartei SNS, die knapp den Sprung ins Parlament geschafft hat, koalieren sollte. Dieser Variante wird beispielsweise ein Jan Carnogursky, Chef der Christdemokraten (KDH), mit seinen 10,1 Prozent keine Schützenhilfe leisten, carnogursky geht davon aus, das signalisierte er der FURCHE, daß ein „Schwenk nach rechts“ verhindert werden kann. Mit ihren 60 Mandaten kann die Meciar-Par-tei wenig anfangen. Die Frage für viele Slowaken ist die, wie Meciar zu Kompromissen, zu einer konstruktiven Politik gedrängt werden kann (so Carnogursky vergangene Woche im FURCHE-Gespräch).

Gesprächspartner aus Bratislava (Preßburg) verweisen darauf, daß ein Rücktritt Meciars als Parteichef (den man ihm mit dem Posten eines Parlamentspräsidenten versüßen könnte) der Weg frei machen könnte für eine Koalition zwischen HZDS und KDH sowie eventuell Demokratischer Union (DU) des Interimsministerpräsidenten Jozef Moravcik (der prognostizierte 8,6 Prozent erreichte).

Das Hauptproblem für die bisherige Koalitionsregierung besteht darin, daß die drei Parteien SDL (die Reformkommunisten des Peter Weiss), KDH und DU zusammen weniger Prozentpunkte erreichten als Meciare HZDS. Die Ungarische Koalition, die wie erwartet die gesamte magyarische Wählerschaft auf sich vereinen konnte und mit 10,2 Prozent drittstärkste Kraft in der Slowakei wurde, könnte die Dreiergruppe zwar entscheidend verstärken (SDL, Ungarische Koalition, KDH und DU hätten zusam men 68 Mandate), ein derartiges Minderheitsgebilde wäre aber dem Beschuß Meciare und der SNS (neun Mandate) ausgesetzt, daß Slowaken von den Ungarn vom Regieren ausgeschlossen würden.

Die politisch unstabile Situation kommt zu einer Zeit, da sich eine wirtschaftliche Konsolidierung der Slowakei abzeichnet. Mit der Privatisierung, einem Beistandsabkommen seitens des Internationalen Währungsfonds und einem Sparprogramm ist die Regierung Moravcik gut vorangekommen. Carnogursky will überhaupt die Privatisierung entschiedener vorantreiben und Strukturänderungen durchführen. Obschon er Großbetriebe mit staatlicher Hilfe möglichst lange zu halten gedenkt, sieht er die Wichtigkeit, vor allem kleine Firmen zu unterstützen.

Carnogursky geht es darum, das Bild und die Politik einer Slowakei mit innerem Frieden und korrekten Beziehungen nach außen zu entwickeln. Falls Carnogursky in eine Koalition eintritt, könnte er als Außenminister eine gute Figur machen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung