Zu nah am Öl, um frei zu sein

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Warum ist in Georgien nicht ein ähnlicher wirtschaftlicher und demokratischer Aufschwung gelungen wie im Baltikum? Die Ausgangslage nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war vergleichbar. Heute steht das Baltikum mit einem Fuß in der Europäischen Union, Georgien hingegen schrammt gerade mit Müh und Not an einem drohenden Bürgerkrieg vorbei.

Die Ursachen für das Fiasko in der Kaukasusrepublik liegen am allgegenwärtigen Clan-Denken und den mafiosen Strukturen, die jeden Demokratisierungsversuch im Keim ersticken und bestenfalls demokratische Scheininstitutionen zulassen. Allein die stark steigende Zahl an Asylwerbern aus Georgien in den letzten Jahren spricht diesbezüglich Bände. Noch bedauerlicher für die Georgier scheint allerdings zu sein, dass ihr landschaftlich wunderschönes, kulturhistorisch reiches und zudem fruchtbares Bergland ins Fadenkreuz geopolitischer Interessen gerückt ist. Georgien ist längst ein Spielball der internationalen Großmächte - und auf einem Ball geht es nun einmal im schlechtesten Sinne des Wortes rund her.

Das musste am Wochenende Präsident Eduard Schewardnadse spüren, als ihn seine Leibwache unsanft aus dem Parlament bugsierte, um ihn vor der Opposition in Sicherheit zu bringen; das musste ebendiese Opposition wenige Wochen vorher erleben, als ihr mit allen nur erdenklichen Möglichkeiten des Wahlbetrugs übel mitgespielt wurde. Mittlerweile hat Schewardnadse den Platz geräumt; um seine Nachfolge wird gestritten.

Gedreht wird der georgische Spielball aber von anderen: Den USA liegt viel an einer Pipeline vom Kaspischen Meer via Georgien in den Westen. Und Russland will, dass dieses Grenzland zu Tschetschenien unter seiner Knute bleibt. Keine guten Aussichten: Georgien ist strategisch zu wichtig und zu nah am Öl, um jemals wirklich frei zu sein.

wolfgang.machreich@furche.at

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