"Das bin ich -und auch jemand anders"

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"Wer die Ausstellung von Elina Brotherus im Kunsthaus Wien besucht, wird reicht belohnt. Werke bekommt man zu Gesicht, die auf geradezu verblüffende Weise durchgehend stimmig sind."

Man Ray im Kunstforum und "Meisterwerke aus der Fotosammlung" in der Albertina - die Kunsthäuser setzen aktuell auf Fotoausstellungen. Bedenkt man, dass vor noch gar nicht so langer Zeit die Kunsthochschulen hierzulande keine Fotoklassen kannten und die Museen einen weiten Bogen um dieses Medium machten, kann man mit Fug und Recht sagen, dass es die Kunstfotografie binnen kurzem geschafft hat, aus dem Abseits zu einer anerkannten Größe aufzusteigen. Zu ihrer Nobilitierung beigetragen hat ohne Zweifel das Kunsthaus in Wien, das seit seinen Anfängen in den 1990er-Jahren regelmäßig Fotografen und Fotografinnen präsentiert.

Und das tut es auch jetzt wieder, mit einer Retrospektive von Elina Brotherus. Elina wer?, mögen viele fragen. Kein bekannter Name, jedenfalls nicht so bekannt wie Martin Parr, dem das von Friedensreich Hundertwasser geschaffene Museum vor zwei Jahren eine Ausstellung widmete.

Elina Brotherus ist eine finnische Künstlerin, 1971 geboren. Eingeweihte werden wissen, dass sie Absolventin der renommierten Helsinki Photo School ist, aber eben nur Eingeweihte. Es zeugt von Mut der Kunsthaus-Leitung, dass sie nicht unbedingt auf allseits bekannte und damit zugkräftige Namen setzt.

Wie von Zauberhand

Wer ohne recht zu wissen, was ihn erwartet, die Ausstellung von Elina Brotherus besucht, wird reicht belohnt werden. Werke bekommt er zu Gesicht, die auf geradezu verblüffende Weise durchgehend stimmig sind.

Eines der ausgestellten Bilder zeigt eine Blume, mit einer Frau im bunten Kleid im Hintergrund -so viele Farben! Der Künstlerin gelingt es, dass dieses Werk nicht zum puren Kitsch gerät, sondern alle Farben, wie von Zauberhand arrangiert, zusammenpassen und ein harmonisches Ganzes bilden.

Auf einem anderen Bild sehen wir eine junge Frau, wie sie einsam in ihrem karg eingerichteten Zimmer am Boden sitzt und an einer Zigarette zieht. Es ist Abend, fahles Licht -dieses Werk geht dem Betrachter so nahe, dass er die Verlorenheit dieser Person geradewegs körperlich zu spüren meint.

Dann wiederum müssen wir schmunzeln, bei jenen Aufnahmen, die die Künstlerin eigens für diese Ausstellung zusammen mit Erwin Wurm geschaffen hat. Sie sind den One Minutes Sculptures des Wiener Künstlers nachempfunden und haben etwas Witziges und Verspieltes. - Wurm ist im Übrigen immer nur von hinten oder der Seite zu sehen, diese Bedingung hatte er für die Zusammenarbeit gestellt: sein Gesicht darf auf den Werken nicht zu sehen sein.

Schließlich ein im wahrsten Sinne kunstvolles Werk: "Wanderer". Dieses Bild hat Brotherus in Anlehnung an Caspar David Friedrichs gleichnamiges berühmtes Gemälde geschaffen.

Wahre Meisterwerke

Die angeführten Beispiele machen deutlich, dass sich Elina Brotherus nicht auf ein spezielles Genre beschränkt. Im Gegenteil, sie macht nachgerade alles, fotografiert Landschaften und Menschen, schafft witzige und ernste Fotos, arbeitet allein und mit einem Partner.

Nun könnte man ihr eine gewisse Beliebigkeit unterstellen, doch das hieße nur, ihre wunderbare Vielseitigkeit zu verkennen. Egal, was sie anpackt, immer gelingen der Künstlerin -wir müssen es so pathetisch sagen -wahre Meisterwerke, Werke, bei denen von der Komposition bis zur Farbzusammenstellung einfach alles stimmt.

Elina Brotherus scheint viel zu neugierig zu sein, als dass sie sich auf einem einmal erreichten Stand ausruhen wollte. Insbesondere in ihren frühen Arbeiten hat sie sich oft selbst abgebildet. Modell und Fotografin in einem -auf manchen Fotos sieht man, wie ein Kabel am Boden sich bis unter eines ihrer Füße schlängelt, das ist der Selbstauslöser. Irgendwann genügten ihr ihre eigenen Posen nicht mehr, sie suchte nach neuen, und so begann sie, mit einer Performance-Künstlerin zusammenzuarbeiten.

Ob sie sich auf ihren Fotos selbst darstelle, wurde die Künstlerin bei einer Veranstaltung im Museum gefragt. Ihre Antwort: ja und nein. Ja, das sei sie, aber auch jemand anders. "It s not me, it's a photograph", lautet der Titel der Ausstellung. Das bin nicht ich, das ist ein Foto.

"It's not me, it's a photograph"- Elina Brotherus bis 19. August Kunsthaus Wien täglich 10 bis 18 Uhr www.kunsthauswien.com

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