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Wir dürfen hier einen sehr alten Text begrüßen. Und ich meine nicht den "Goldnen Esel" selbst, den lateinischen Roman eines griechischsprachigen Nordafrikaners -der ist ja uralt, im 2. Jh. n. Chr. geschrieben. Ich meine die Übersetzung von August Rode (1751-1837), die 1783 erstmals erschienen ist und zwanzig Neuauflagen erlebte. Unsere, die einundzwanzigste, ist das 400. Buch der Anderen Bibliothek, und es ist kaum nötig zu sagen, dass die Ausstattung des Buchs entsprechend ist.

Rode verbrachte sein ganzes Leben in Dessau, wenn er nicht gerade einen der Anhalt-Dessauischen Herzöge Leopold II., III. (bis nach Paris während der Napoleonischen Kriege) und IV. auf deren Reisen begleitete. Ob Rode der illegitime Sohn des "Alten Dessauers" Leopolds I. war, daran scheiden sich die gelehrten Geister. Egal, August Rode (später von Rode, er wurde vom preußischen König nach einer Bitte Leopolds III. in den Adelsstand erhoben) war dem Haus Dessau immer verpflichtet und ließ seine Karriere als Wirklicher Geheimer Rat und Aufseher der herzöglichen Buchsammlungen ausklingen. Parallel schrieb er und übersetzte. Ist das nicht interessant, dass ein Mensch, der einen so steten Lebenswandel hatte wie August Rode, zwei Umwandlungstexte, einen mythologisch-lyrischen und einen satirisch-prosaischen - die "Metamorphosen" von Ovid (1791) und die von Apuleius, auch "Der Goldne Esel" genannt -zu seinem übersetzerischen Hauptwerk machte?

Apuleius wurde in Madaura (heute M'Daourouch im Nordosten Algeriens) um 123 n. Chr. geboren, starb nach dem Jahr 170. Man muss ihn sich als einen dunkelhäutigen Nordafrikaner vorstellen, der das Griechische als Muttersprache hatte, aber auf Latein schrieb, in einer etwas ungehobelten Sprache. Im Vorwort zu unserer Ausgabe erzählt Stefan Stirnemann, dass "der überlieferte Wortschatz der Antike nur etwa 55.000 Wörter umfasste". Allein Goethe benutzte in seinen Werken 90.000 Wörter, Schiller allerdings begnügte sich mit 30.000 -war aber auch kein schlechter Dichter.

Das Römische Reich lebte in einer lateinisch-griechischen Bilingualität. Jeder Römer, der sich für einen kultivierten Menschen ausgeben wollte, nahm für seine Kinder "graeculi", griechische Literaturund Philosophielehrer. Das erinnert ein wenig an Europa, einstmals von der französischen und heute von der englischen Sprache beherrscht. Apuleius schrieb in der Sprache der Römer nicht, weil er arm war und verdienen wollte, nein, er stammte aus einem reichen Geschlecht. Er wollte Karriere machen, berühmt werden. Das ist ihm auch gelungen. Am Ende seiner Tage war er der Hauptpriester des Kaiserkults in seiner Provinz und ein berühmter Schriftsteller.

Die Notwendigkeit, im Gericht auf Latein zu sprechen, war selbstverständlich, und Apuleius war ein gefeierter Redner. Sein Roman mit "allerlei Schwänken", höchstwahrscheinlich aus dem Griechischen übersetzt (nach Pseudo-Lukians Erzählung desselben Sujets "Lukios oder Der Esel"), ist eine Lieblingslektüre der Europäer seit dem 2. Jh. - ein wenig komisch, ein wenig skabrös, ein wenig lyrisch. Gut, dass er zurück ist!

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