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Die volle Pracht des Zentrums des Orients

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Das Fremdartige und Zauberhafte des Bazars hat unendlich viele Legenden und Märchen, genauso wie Klischees, entstehen lassen: Verwoben mit den erotischen Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht”, Orientreisen früherer Forscher und Kaufleute und deren Berichten hat sich ein Amalgam aus Düften von Rosen und Gewürzen, Weihrauch und Myrrhe, von Seidenglanz und Bernstein, Teppichen und Schmiedekunst untrennbar mit dem Wesen des Feilschens und des listigen Betruges entwickelt. Noch ist der Bazar ein intaktes Sozial- und Raumgefüge, wo Handel und Gewerbe, Finanzwesen, Krankenhäuser, Herbergen, Bäder, Koranschulen und Moscheen ihren zentralen Platz einnehmen.

Das vorliegende Buch mit seiner prachtvollen Bebilderung beschreibt Geschichte und Bedeutung des Bazars, und führt seine reiche Ästhetik vor Augen. Den schönsten Bazaren zwischen Marrakesch und Samar-kand mit ihren Glasbläsern und Töpfern, Drechslern und Schnitzern, Gerbern und Färbern, Kalligraphen, Mützenmachern und Parfumeuren werden eigene Porträts gewidmet.

Besonders reizvoll ist, was man über magische Medizin und das Angebot der Heilmittel erfährt: ein Pulver aus zerriebenen Salamandern soll potenzfördernd sein, Ochsenzungen sollen entzündungshemmend, indische Gurken Bauchweh bekämpfend und Igel Haarausfall bremsend sein; um Kinder vor Alpträumen zu schützen, wird geraten, ihnen Schildkrötenpanzer auf die Brust zu legen. Die Auswahl kurioser Medizinen ist phantastisch!

Hoch interessant ist auch die Erklärung der verschiedenen Schleierarten und ihrer Bedeutung: Nur allzu gern unterstellt man im Abendland dem persischen „Tschador” (zu deutsch „Zelt”), daß er ein männliches Machtinstrument zur Unterdrückung der Frau sei. Stets sollte er aber - zumindest „auch” - die Trägerin vor Sonne, Sand und Staub, vor dem bösen Blick und vor Belästigungen schützen. Auch die Stammeszugehörigkeit konnte man seinem Aussehen ablesen - und weiters erfährt man aus dem Buch, daß er zumindest in früheren Zeiten auch fixer Bestandteil der männlichen Garderobe gewesen sei.

Das Buch zeigt aber auch, daß der Bazar mehr ist als malerische Gassen, nämlich ein beispielhaftes Sozial- und Raumgefüge.

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