Theater unter dem roten Stern

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Das Wiener Volkstheater spielt "Sunnyboys" mit den g'spaßigen Oldies Peter Weck und Harald Serafin. Mit zwei TV-Lieblingen, die - wie auch die Stückwahl - die Kasse füllen sollen. Auch bei Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" steht demnächst "Soko Kitzbühel"-Koch Heinz Marecek auf der Bühne. Einmal mehr soll das Volkstheater durch Promis gerettet werden. Direktor Michael Schottenberg ringt vergeblich um das Gespür für Themen und Stil unserer Zeit. Man fühlt sich in die Siebzigerjahre versetzt. Damals war freilich das Volkstheater die mutigste Bühne der Stadt. Man hatte keine Scheu vor knallhartem politischen Theater, wagte sich an Autoren, die bei den anderen Bühnen verpönt waren, spielte Nestroy schärfer als anderswo und entdeckte Jungdramatiker wie Bauer und Turrini.

Heute ist von Entdecken und Provozieren nicht mehr die Rede; sogar die Unterhaltung gerät holprig. Dem Theater fehlt das Profil, es müsste neu positioniert werden. Von Power keine Spur, statt frischem Wind weht ein abgestandenes Lüfterl. Das Publikum hat dem Volkstheater die Treue gekündigt; der Rechnungshof bemängelt, dass für jeden Besucher 50 zusätzliche Euro aus öffentlichen Geldern gezahlt werden müssen. Der Direktor fühlt sich durch die ganze von ihm verursachte Misere bemüßigt, seine Verlängerung bis 2015 zu beantragen und fordert eine Erhöhung der Subvention.

Keine Bange, das Mittelmaß wird wohl bis zum Bankrott verlängert werden; gerät doch die Stadt Wien mitunter selbst zur Bühne, auf der lukrative Umarmungen von Freunderln und Kleingeistern jeden Anflug von wahrhaftiger Kunstausübung in kleinstädtischem Provinzialismus ersticken.

Und über allem leuchtet der rote Stern, den der Direktor als vermeintlich mutige Tat auf dem Dach des Theaters anbringen ließ. Als Zeichen einer längst vergangenen Zeit, in welcher der eiserne Vorhang nicht nur dem Theater vorbehalten war.

Der Autor ist Kulturjournalist im ORF

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