LaFlor - „La Flor“: Der 14-stündige Film zeigt vier Schauspielerinnen in verschiedenen Rollen und eröffnet für das Kinopublikum einen Raum der Selbsterfahrung. - © Filmgarten

14 Stunden in acht Akten

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Der argentinische Regisseur Mariano Llinás ist ein außergewöhnlicher Geschichtenerzähler. Zu Beginn seines neuen Films sieht man ihn an einer verlassenen Tankstelle sitzen. Er wirkt übernächtig, und mit einem Stift kritzelt er auf einen Notizblock: Ein paar geschwungene Linien und ein Beinahe-Kreis ergeben eine abstrakte Blume. „La Flor“ ist der Titel, unter dem er die Geschichten zusammengefasst hat, die er in diesem Film erzählen will – 14 Stunden lang. Ein Film in acht Akten, in denen immer dieselben vier Schauspielerinnen in verschiedenen Rollen agieren.

Das verstört und fasziniert gleichermaßen: Elisa Carricajo, Valeria Correa, Pilar Gamboa und Laura Paredes sind schlichtweg grandios. Mit jedem Akt zelebriert und dekonstruiert Llinás zudem ein anderes Genre – vom Horrorfilm bis zum Musical. Manche der Geschichten haben einen Anfang, aber kein Ende; eine hat ein Ende, aber keinen Anfang, und eine ist ein in sich geschlossenes Remake eines französischen Klassikers, der nie fertiggedreht wurde. In einer kurzen Beschreibung kann man dem nicht gerecht werden, was dieser Film bietet. Er ist ein Erlebnis. Er öffnet einen Raum, für alle Sinne und für die Vergangenheit und vor allem auch für die Gegenwart des Kinos. Ein Raum, in dem man sich bewegen kann, zu dem man sich verhalten muss, in dem es zu entdecken gibt. In dem man über sich erfährt und über alles, was man nur erahnen kann. Genau, was Kino tun soll. Ein Glück, dass es Möglichkeiten gibt, dies zu erleben: Das soeben neu eröffnete „Le Studio“ in Wien-Währing zeigt „La Flor“ zum Auftakt in drei Blöcken an drei aufeinanderfolgenden Tagen. „Binge-Watching“ für Cinephile, sozusagen. Vielleicht die adäquate Antwort lebendigen Filmschaffens auf dumpfe Streaming-Ware. Und dennoch entzieht sich dieser Film auch der Beschreibung „Serie“. Selbst das serielle Erzählen wie in Filmen von Jacques Rivette oder Louis Feuillade ist hier neu gedacht. Zehn Jahre lang hat Llinás an diesem Epos gearbeitet: Eine Essenz von 14 Stunden scheint da nur angemessen.

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