Die Wütenden - © Constantin

Banlieue als Pulverfass

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Walter Gasperi über den Film "Die Wütenden – Les Misérables" von Ladj Ly.

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Walter Gasperi über den Film "Die Wütenden – Les Misérables" von Ladj Ly.

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In jeder Szene von „Les Misérables – Die Wütenden“ spürt man, dass der 1978 geborene Ladj Ly weiß, wovon er erzählt. Er ist selbst im Pariser Vorort Montfermail aufgewachsen, hat die Schauspieler teilweise dort auf der Straße gefunden und selbstverständlich vor Ort gedreht. Enorme Authentizität entwickelt dieses Spielfilmdebüt dadurch, während die zupackende und direkte Inszenierung für mitreißende Kraft und Intensität sorgt. Hier gibt es keine Distanz, keine Reflexion, sondern mitten ins Geschehen wird der Zuschauer geworfen. Immersion ist das Ziel Lys, hautnah miterleben soll man die Verhältnisse in diesem Banlieue, die seit Mathieu Kassovitzʼ „La haine – Hass“ (1995) wohl kein Film mehr so packend und aufwühlend schilderte. Auf Hintergrundinformationen wird verzichtet, fast zur Gänze auf einen Tag beschränkt sich die Handlung dieses Films, dessen Titel sich auf Victor Hugos 1862 erschienenen Roman „Les Misérables“ bezieht. Eint in der ersten Szene noch der Sieg Frankreichs bei der Fußball-WM 2018 die Nation, wenn die Massen mit umgehängter Trikolore begeistert auf den Champs-Élysées feiern, so werden bald die Risse, Brüche und Spannungen spürbar. Aus der Perspektive von zwei erfahrenen Polizisten, die mit dem Neuzugang Stéphane (Damien Bonnard) durch das Viertel patrouillieren, lässt Ly den Zuschauer auf das labile Gleichgewicht zwischen Afrikanern, einer Muslim-Bruderschaft und einer Gruppe von Roma blicken.

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